Diese Idee hat was: mehr als ein Dutzend Autoren, zum Teil weltberühmt, denken sich Geschichten zu Gemälden eines weltberühmten Malers aus. „Killer &“Co.“-Kritiker Hans Jörg Wangner meint: Eine Edward-Hopper-Anthologie der ganz besonderen Art.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Das schweigsame Pärchen an der Bar, der Angestellte mit weißem Käppi, der in sich versunkene Herr ganz links: „Nighthawks“ ist eines der populärsten Gemälde des 20. Jahrhunderts, sein Schöpfer Edward Hopper (1882 bis 1967) damit einer der bekanntesten Maler seiner Zeit. Doch was für eine Geschichte könnte sich hinter dem Quartett verbergen? Müsste sie überhaupt mit diesen vier Figuren zu tun haben?

 

Der Schriftsteller Lawrence Block hat mehr als ein Dutzend Kollegen gefragt, ob ihnen nicht etwas zu mehr als einem Dutzend Hopper-Gemälde einfiele – darunter Größen wie Joe R. Lansdale, Erfolgsautoren wie Joyce Carol Oates, Jeffery Deaver, Michael Connelly und Lee Child. Selbst der liebe Gott der Gruselszene, Stephen King, hat sich auf seinem Thron zurecht- und mit einem Bild auseinandergesetzt.

Auch optisch und haptisch schön

Herausgekommen ist eine Anthologie der besonderen Art (die der Droemer Verlag auch optisch und haptisch besonders schön gestaltet hat). In „Das Musikzimmer“ („Room in New York“) beschreibt King, wie ein bürgerliches Ehepaar in der Wirtschaftskrise sein Auskommen findet und erzeugt mit routinierter Hand diesen Grusel, für den er berühmt ist. Michael Connelly entfernt sich in seinen titelgebenden „Nachtfalken“ komplett vom Bildmotiv und widmet sich statt dessen einer jungen Frau, die mit ihrem Vater, einem erfolgreichen Filmproduzenten, nichts mehr zu tun haben will. Robert Olen Butler schildert den Clown in Hoppers „Abenddämmerung“ „(Soir bleu“) als ein Monster, das einen Monster zum Sohn hat, und Jonathan Santlofer hat sich für „Abends am Fenster“ („Night Windows“) einen Serienkiller ausgedacht, der junge Frauen aufs Grausamste misshandelt und ermordet. Joe R. Lansdale schließlich erzählt atmosphärisch dicht in „Der Filmvorführer“ („New York Movie“) was passiert, wenn Nachwuchs-Mobster in ihrer Gier auf Schutzgeld an die Falschen geraten.

Wie mit „Tropifrutti“

Mit Anthologien ist es ja wie mit „Merci“-Schokolade oder „Colorado“ von Haribo: am Ende bleiben ein, zwei Sorten übrig, die man nicht so mag. Da macht „Nighthawks“ keine Ausnahme – doch das schmälert nicht die Wirkung der richtig guten Stücke im Band.

Laurence Block (Hg.): Nighthawks. Mit Geschichten von Stephen King, Michael Connelly, Lee Child, Jeffery Deaver, Joyce Carol Oates, Lawrence Block u.a., übersetzt von Frauke Czwikla, 320 Seiten, Droemer, 29,99 Euro, E-Book 24,99 Euro