Der Bundesfreiwilligendienst ist in der Stadt kaum nachgefragt. Viele Träger, vor allem im Bereich Pflege, stellt das vor Probleme. Der Freiwillige Soziale Dienst ist hingegen beliebter, gerade junge Frauen interessieren sich dafür.

Leonberg - Zeit, das Richtige zu tun“, lautet das Motto des Bundesfreiwilligendienstes (BFD). Doch ohne Zwang, wie beim Zivildienst als Ersatz für den Wehrdienst, tun das nur noch wenige. „Am Anfang hat der Bundesfreiwilligendienst als Ersatz für den Zivildienst noch gut geklappt. Doch mittlerweile haben wir ein erhebliches Defizit“, sagt Wolfgang Heubach, der Pressesprecher des DRK-Kreisverbandes Böblingen. Etwa 50 von 83 Stellen für BFD und freiwilliges soziales Jahr (FSJ) sind derzeit beim Roten Kreuz im Kreis unbesetzt.

 

Nachdem die Wehrpflicht 2011 ausgesetzt wurde, war auch der Zivildienst hinfällig. Dieser war jedoch enorm wichtig für die meisten sozialen Einrichtungen im Land. Deshalb schuf das Bundesfamilienministerium als Ersatz den Bundesfreiwilligendienst. Neu war, dass auch Menschen über 27 Jahren einen BFD absolvieren können. Zudem laufen Orientierungsdienste wie das Freiwillige Soziale oder Ökologische Jahr (FÖJ).

Besonders im Pflegebereich fehlen die früheren Zivis. „Wir suchen vor allem für den Mobilen sozialen Dienst in Leonberg und die Altenpflegeheime in Renningen und Rutesheim“, erklärt der DRK-Sprecher. Wobei darunter auch Stellen in der Verwaltung und als Hausmeister sind.

Weil es so wenig Interessenten gibt, holt sich das Samariterstift Leonberg Hilfe von anderer Stelle. „Wir haben fünf FSJ-Plätze. Drei davon besetzen wir mit Freiwilligen aus dem Ausland“, erklärt die Pflegedienstleiterin Sylvia Reck. In diesem Jahr habe es noch gar keine Anfrage wegen eines BFDs gegeben. „Was wir uns vom Bundesfreiwilligendienst erhofft haben, ist nicht eingetreten“, sagt Reck.

Auch das Seniorenzentrum am Parksee bietet mehr Freiwilligenplätze an, als besetzt werden können. „Von fünf Stellen sind noch zwei offen“, berichtet die Leiterin Kerstin Neub-Adam. Eine Freiwilligendienstleistende sei zuletzt Hausfrau und Mutter gewesen. „Für sie ist das BFD ein Wiedereinstieg in den Beruf.“ Seit der Zivildienst weg ist, musste das Seniorenzentrum vieles umorganisieren. „Pflege ist einfach anstrengend – körperlich und mental“, versucht die Leiterin die mangelnde Nachfrage zu erklären.

Weniger Probleme haben dagegen die Träger von sozialpädagogischen Einrichtungen. „Wir haben bisher immer acht bis zehn Stellen gehabt und die sind auch alle schon vergeben“, berichtet der Leiter der offenen Vollzugsanstalt Seehaus, Tobias Merckle. Von den derzeit zehn Stellen sind acht mit FSJlern besetzt, zwei mit „Bufdis“. Darunter sind sechs Frauen. Älter als Anfang 30 war bisher keiner. „Bei uns gibt es aber einige Rentner, die sich ehrenamtlich engagieren“, sagt Merckle.

Jung sind auch die vier Freiwilligen, die im Gästehaus des Internationalen Bundes (IB) in Leonberg arbeiten. „Ältere haben sich bei uns noch nicht beworben. Das liegt bei uns aber sicher an der Einrichtung. Wir betreuen eben Berufsschüler“, erklärt die Leiterin des Gästehauses, Inez Schmidt. Angeboten werden zwei FSJ- und zwei BFD-Stellen.

Viele Anfragen erhält auch die gemeinnützige Waldhaus GmbH. „Wir brauchen jedoch eher Fachkräfte und es stellt sich die Frage, wie wir die Stellen gegenfinanzieren“, sagt der Geschäftsführer Hans Artschwager. Derzeit arbeiten zwei Bufdis beim Waldhaus, einer davon im Kinder- und Jugendhilfezentrum Leonberg. „Die Zivis haben bei uns eher Fahr- und Hausmeisterdienste erledigt. Die neuen Freiwilligen dürfen nun auch in den pädagogischen Arbeitsbereich reinschnuppern.

Dass nach dem Wegfall des Zivildienstes nicht genügend Bufdis nachkommen, hatte man auch im Leonberger Krankenhaus befürchtet. „Dafür haben wir jetzt mehr FSJ-Stellen als früher“, sagt die Sprecherin des Klinikverbunds Südwest, Ursula Kächele. In Leonberg sind es jetzt fünf, insgesamt 15 bei nur einem BFD. Das freiwillige soziale Jahre machen dabei vor allem junge Frauen. „Bisher gab es kein Interesse von Älteren am Bundesfreiwilligendienst.“

Nicht nur junge Freiwillige beschäftigen die Werkstätten für Behinderte im Ramtel und Höfingen. „Zur Zeit haben wir zwei Bufdis, die älter sind. Die FSJler kommen dagegen meist direkt nach dem Schulabschluss zu uns“, berichtet der Leiter des Bereichs Förderung und Betreuung, Thomas Kolbeck-Käfer. Die meisten davon sind Frauen. Die Freiwilligen helfen in den Werkstätten oder bei der Betreuung der Behinderten.

„Freiwillige zu finden, ist kein Selbstläufer mehr“, stellt Kolbeck-Käfer fest. Der Verein Atrio, der die Behindertenwerkstätten betreibt, müsse viel Werbung machen. „Viele wissen zunächst gar nicht, dass sie das überhaupt machen können.“ Dazu komme, dass bei jungen Menschen das Interesse mehr im Bereich Kinder und Jugendliche liege, als bei Behinderten und Älteren.

An ganz anderer Stelle liegt das Interesse der Freiwilligen, die beim Philadelphia Verein in Leonberg beschäftigt sind. „Wir bieten in der Gärtnerei und auf dem Bauernhof jeweils eine Stelle im Freiwilligen Ökologischen Jahr an“, erklärt der Geschäftsführer Harald Wundel. In der Gärtnerei sei früher ein Zivi beschäftigt gewesen. Bisher haben sich vor allem Jüngere für die Arbeit interessiert. „Wir sind aber offen, was das Alter angeht.“

Informationen zum FSJ und BFD

Keine Zahlen –
Wie viele Stellen es im FSJ, FÖJ oder BFD gibt, darüber haben weder das Land Baden-Württemberg noch der Landkreis Böblingen genaue Zahlen. Auch die Träger erfassen nur selten, wie viele Stellen im Kreis angeboten werden.

Interesse
– Wer einen Freiwilligendienst machen will, kann sich an verschiedene Anlaufstellen wenden. Auf der Internetseite www.bundesfreiwilligendienst.de des Bundesfamilienministeriums gibt es alle wichtigen Infos. Außerdem kann man per Postleitzahl nach Stellen im gewünschten Gebiet suchen. Die Seite des Vereins für soziales Leben auf www.bundesfreiwilligendienst.de bietet zusätzlich Informationen zum FSJ und listet die Träger im gewünschten Gebiet auf. Außerdem können sich die Interessenten auch direkt an die Träger der Freiwilligendienste wenden.