Ein 52-Jähriger findet Waffen und Munition zufällig in einem Klärwerk und wird zu einer Geldstrafe verurteilt.

Leonberg - Der Amtsrichter Josef Weiß sprach mit Blick auf den Angeklagten von einem „Ausnahmefall“. „Sie sind an die Waffen gekommen wie die Jungfrau zum Kind“, sagte er bei der Urteilsverkündung am Leonberger Amtsgericht und blieb bei der Strafzumessung „am unteren Rand“. Der 52-Jährige wurde somit nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, wie es sonst bei unerlaubtem Besitz einer halbautomatischen Waffe mit Magazin üblich ist. Stattdessen gab es eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 30 Euro – zumal der Mann strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten war.

 

„Kein typischer Waffennarr“

In der Tat war der früher in Rutesheim lebende Angeklagte „kein typischer Waffennarr“, wie selbst die Staatsanwältin erkannte. Ganz zufällig hatte der 52-Jährige die Waffen an seiner Arbeitsstelle in einem Klärwerk gefunden. Neben Munition waren das eine halbautomatische Wehrmachtspistole von 1940 mit einem Ansteckmagazin sowie ein Repetiergewehr mit Magazin und Zielfernrohr, das früher als Salutwaffe diente und zum Kleinkaliber umgebaut wurde. Beide waren laut dem kriminaltechnischen Gutachten voll funktionsfähig. Zunächst bewahrte er die Waffen im Klärwerk auf, später nahm er alles mit nach Hause. Die dafür erforderliche Erlaubnis hatte er freilich nicht.

Ganze 13 Jahre später holte ihn der Fund dann wieder ein – und das, wie schon das Auffinden, auch ganz zufällig: Im Rahmen eines Rechtsstreits mit seinem Arbeitgeber, der dem Mann vorgeworfen hatte, ihn bestohlen zu haben, kam es im September vor einem Jahr zu einer polizeilichen Wohnungsdurchsuchung.

Die Beamten staunten nicht schlecht, als sie die Schießeisen im Nachttischschränkchen entdeckten. Die Beamten konfiszierten das kleine Arsenal. Der später durchgeführte Abgleich der Waffennummer verhalf übrigens nicht zur Identifizierung des Eigentümers.

Angst vor neuem Kollegen

„Warum hatten Sie den Fund nicht gleich bei der Polizei gemeldet?“, wollte der Richter vom Angeklagten wissen. Dieser meinte nur, dass er Angst vor den Folgen gehabt habe. „Ich wusste ja, dass der Besitz illegal war, und dann waren an den Waffen meine Fingerabdrücke dran“, sagte der 52-Jährige, der von einem „dummen Fehler“ sprach. Dass er die Waffen am Ende mit nach Hause genommen hatte, lag , so sagte er, an einem neuen Arbeitskollegen, der „überall herumgestiert“ hatte, weshalb er befürchtete, jener würde sie finden. „Aber ich hatte in meinem Leben noch nie Interesse an Waffen gehabt!“, versicherte der Mann, der nach seinem Umzug aus Rutesheim wieder in einem Klärwerk arbeitet.

Weil der geschiedene Familienvater alleine wohnte und damit nur er Zugang zum Schlafzimmerschrank mit den Schießeisen hatte, stufte die Staatsanwältin die von den Waffen ausgehende „Gefährlichkeit“ als gering ein. „Außerdem bestand auch nicht die Gefahr, dass die Waffen von alleine losgehen, man musste ja erst einmal durchladen“, sagte die Anklägerin, die mit 80 Tagessätzen zu je 30 Euro ein etwas höheres Strafmaß gefordert hatte. Der Verteidiger schloss sich ihren Ausführungen an.

„Jeder, der Sie in der heutigen Verhandlung erlebt hat, hat gemerkt, welche Belastung das Ganze für Sie war“, sagte Richter Weiß und war sich sicher, dass eine Geldstrafe auch unterhalb der Eintragungsgrenze von 90 Tagessätzen zur Abschreckung ausreiche.

Amnestie bis Juli 2018

Übrigens: Der Mann hätte sich den ganzen Ärger auch sparen können. Denn illegale Waffen und Munition kann man immer wieder im Rahmen einer Amnestieregelung straffrei bei der Polizei abgeben.

Zuletzt war das im Jahr 2009 nach dem Amoklauf von Winnenden der Fall und ist im Zuge der jüngsten Änderung des Waffengesetzes noch bis zum 1. Juli 2018 möglich.