Beim Tag des offenen Denkmals geht es am Sonntag um Geschichte und Kunst. Während in der KZ-Gedenkstätte das düsterste historische Kapitel im Mittelpunkt steht, wird in der Lahrensmühle Lyrik mit Jazz untermalt.

Leonberg/Weil der Stadt/Renningen/Weissach - Farbe ist für uns Menschen ein unmittelbarer Sinneseindruck. Seit jeher ist die farbliche Gestaltung unserer Lebenswelt eine zentrale Ausdrucksform. Farben können Geschichten erzählen und sogar mit Tabus belegt sein – kein Wunder, dass sie in diesem Jahr das Motto des Tages des offenen Denkmals am Sonntag, 14. September sind.

 

Während die Lahrensmühle und das Bauernhausmuseum eher in den erdigen Tönen von Fachwerkholz und Mauersteinen daher kommen, die Stadtkirche mit ihren sandfarbenen Epitaphien und den bunten Kirchenfenstern, dreht sich bei der KZ-Gedenkstätte alles um zwei unbunte Farben: Schwarz und Weiß.

„Das war alles weiß. Weiße Wände, viel Licht. Weiß.“ Oktober 2001: die beiden früheren slowenischen KZ-Häftlinge Julij Logar und Rado Svagelj sind nach Leonberg zurückgekommen. Sie stehen im Tunnel, erinnern sich und berichten, wie der Tunnel 1944 aussah. „Ich arbeitete ausschließlich in der Nacht“, berichtete der Lothringer Michel Fouchecourt. Und: „Ich habe nie den Tag gesehen. Ich war Spezialist für die Löcher, und ich war nicht ganz 17 Jahre alt.“

Drei Männer von 5000. Hier waren sie ins KZ Leonberg deportiert worden, hier mussten sie Tragflächen des Düsenjägers Messerschmitt Me 262 produzieren. Doch lange bevor die Firma Messerschmitt den bombensicheren Tunnel als Fabrik nutzte, begannen Planung und Bau des ersten Autobahntunnels in Deutschland. „Vor der Hacke isses duster“: Diese alte Weisheit aller Bergarbeiter und Tunnelbauer galt auch 1934. Fragen über Fragen: Wer sollte das Innere des Engelbergs bezwingen? Wie würde man mit Geologie und Wasservorkommen umgehen? Wo würden die Arbeiter wohnen? Wie viele eigentlich? Was darf der Tunnel kosten?

Am 5. November 1938, nach drei Jahren Bauzeit, wurde der Tunnel dem Verkehr übergeben. Im Gegensatz zur sonst üblichen NS-Praxis ohne Feierlichkeiten. Ein Jahr später, nach dem Kriegsbeginn, wurde der erste Autobahntunnel in Deutschland nicht mehr genutzt. Eine völlig andere Funktion bekam er 1944. „Jägerproduktion ... in bombensichere Räume verlegen. Einer … ist der Tunnel unter dem Engelberg“, schrieb Willy Messerschmitt im März 1944 an Reichsstatthalter Wilhelm Murr. Dann wurde es finster in Leonberg: Verdunkelung bei der Zivilbevölkerung und eine schwarze Zukunft für tausende KZ-Häftlinge. Wo kamen die Männer her? Wie waren sie untergebracht? Was gab es zu essen? Wie lange mussten sie arbeiten? Welche Strafen drohten? Wie viele starben?

Diese Fragen beantwortet Holger Korsten am Sonntag von 13.30 Uhr an in die Bibliothek der KZ-Gedenkstätteninitiative im Samariterstift (Seestraße 74, vierter Stock). Anschließend ist Gelegenheit, mit dem Referenten die Reste des Engelbergtunnels und das KZ-Dokumentationszentrum zu besuchen.

Mit Klangfarben geht es am Abend in der Lahrensmühle weiter. Dort stehen von 18 Uhr an Lyrik und Jazz auf dem Programm mit dem Duo Limes X und Jusuf Naoum. Naoum ist der einzige Kaffeehausgeschichtenerzähler Deutschlands. Auf wunderbare Weise kontrastieren bei ihm die traditionelle Erzählweise und Geschichten, die direkt in der Gegenwart angesiedelt sind. Einzigartig auch seine Zusammenarbeit mit dem Jazz-Duo Limes X. Der Eintritt kostet 18 Euro, Mitglieder der Christian-Wagner-Gesellschaft zahlen 16 Euro. Geöffnet ist die Lahrensmühle bereits ab 10 Uhr. Im Holzbackofen wird Brot gebacken, die Fachwarte für Obst und Garten bieten ihre Waren an und das neue Mühlrad kann besichtigt werden.

Was ist geöffnet?

Leonberg
: Die Lahrensmühle ist am Sonntag ab 10 Uhr für Besucher geöffnet. Die Stadtkirche öffnet von 11 bis 18 Uhr ihre Pforten. Der Vortrag der KZ-Gedenkstätteninitiative beginnt um 13.30 Uhr im Samariterstift. Anschließend gibt es die Möglichkeit, die Gedenkstätte im alten Engelbergtunnel zu besuchen. Das Bauernhausmuseum öffnet von 13 bis 18 Uhr. Zu jeder vollen Stunde gibt es kostenlose Führungen. Einmalig sind zwei Führungen über die archäologischen Ausgrabungen im Bodendenkmal Längenbühl nahe dem Westanschluss. Sie beginnen um 11.30 und 13.30 Uhr.

Altkreis: In Malmsheim kann von 11 bis 17 Uhr das älteste Haus besichtigt werden (Perouser Straße 12). In Weissach gibt es um 14 und 16 Uhr Führungen durch den historischen Wehrkirchbereich. In Weil der Stadt sind die historischen Kirchen, das Klösterle und das Steinhaus Merklingen geöffnet.