Das Buch des Leonberger Oberbürgermeisters oder der Zoff an der Rathausspitze: Beim Umzug bleibt die Politik nicht außen vor. Aber ansonsten ist die Stimmung gelöst. Alle sind froh, dass wieder gefeiert wird.

Das Lob des Moderators nutzt nicht so viel: „Ökologisch vorbildlich“, frohlockt Harald Lutz mit leicht ironischem Unterton, sei der Einsatz der Werbegemeinschaft „Wir sind Eltingen“. Die Händler aus dem Süden Leonbergs, stets für kreative Aktionen und lockere Sprüche bekannt, lassen ihren Wagen nicht von einem Traktor oder von Pferden ziehen: Sie treten selbst in die Pedale.

 

Ihr „Eltinger Stammtisch“ wie sie ihren Wagen nennen, ist eines jener Gefährte, die sich per Pedalkraft fortbewegen und bei Junggesellenabschieden und ähnlichen Anlässen im Einsatz sind. An der Steigung auf dem oberen Marktplatz reicht die Muskelkraft von Thilo Kraus, Wolfgang „Wibbel“ Schmidt, Sabine Frederking oder Frieder Sigloch allerdings nicht aus. Ihr Wagen muss angeschoben werden. Dem Spaß freilich bereitet das keinen Abbruch: Sie nehmen das heiß diskutierte Buch „Vetternwirtschaft“ des Oberbürgermeisters aufs Korn. Und damit auch jeder weiß, worum es geht, befindet sich Martin Georg Cohn in Form einer Schaufensterpuppe mit angemalten Bärtchen einer Galionsfigur gleich an der Spitze des Wagens.

Cohn mit Hütchen

Der echte Oberbürgermeister nimmt diese Art von Humor mit selbigem. Cohn ist an der Spitze des Umzuges in Kutschen mit seinen Ehrengästen unterwegs. Um die hochrangigen Vertreter aus Belfort, Rovinj und Berlin-Neukölln kümmert sich nicht nur der OB, sondern auch seine Stellvertreterin Josefa Schmid und der Baubürgermeister Klaus Brenner. Die Spannungen zwischen dem Chef und der Vize sind am höchsten Leonberger Feiertag nicht weiter zu spüren. Aber: Sie sitzen in getrennten Kutschen und gehen sich auch sonst aus dem Weg.

Dafür sind die drei Bürgermeister comicähnlich auf dem Wagen der CDU abgebildet: Cohn mit Hütchen. Schmid und Brenner mit bunten Fasnetsperücken. Nebenan die strenge Lehrerin in Form der CDU-Fraktionschefin im Leonberger Gemeinderat: Elke Staubach fragt, ob die drei ihre Hausaufgaben erledigt hätten. Die Vermutung, dass da noch Nachholbedarf ist, liegt nahe.

„Drei Engel für Garnix“

Ein bisschen mehr vorgenommen haben sich die Leute der Ratsgruppe „Salz“. Sie treten als tonnenförmige Minions auf, also jenen Wesen, die einem besonders schrecklichen Schurken dienen. Der geneigte Betrachter mag erahnen, wen das Gemeinderat-Duo damit im Auge hat, insbesondere weil der Umzugsbeitrag der „Salz“ unter dem Titel „Drei Engel für Garnix!“ in Erinnerung an eine beliebte US-Serie firmiert.

Vielleicht war das dann doch der Doppeldeutigkeit zu viel: Jedenfalls kippt just vor der Promitribüne am Marktplatz, auf der Honoratioren aus Politik und Gesellschaft das treiben verfolgen, einer der Minions um, und kommt erst nach zweimaligem Versuch taumelnd auf die Füße. Eine gewisse Schadenfreude ist bei jenen, die sonst Zielscheibe der Attacken des Salz-Vormanns Frank Albrecht sind, durchaus zu beobachten.

Nur gut, dass die Beiträge aus der rot-grünen Abteilung leichter verdaulich sind: Die SPD verkündet, dass Leonberg solar wird. Zum Beleg radelt Rüdiger Beising mit einem von Solarzellen angetriebenen Rad voran. Und die Grünen wollen – welche Überraschung – „den Klimaschutz voranbringen“.

Frotzeleien und gute Laune

„Hier ist es leichter als in Berlin“, frotzelt Harald Lutz, der gemeinsam mit der Pferdefachfrau Angelika Elser den Umzug erfrischend kommentiert. „Die Grünen laufen der SPD hinterher.“ Aber auch die CDU bekommt ihr Fett ab. Als deren Landtagsabgeordnete Sabine Kurtz sich zu Fuß vom eigenen Wagen entfernt, stichelt Karnevalist Lutz: „Frau Kurtz läuft lieber, weil sie den Rettungshubschrauber nicht haben will.“

Neben diesen Frotzeleien ist in der politischen Gilde, die sich erstmals seit seit 2020 wieder zum Pferdemarkt trifft, eher gute Laune angesagt: Die Grünen sind sowohl mit dem Bundestagsabgeordneten Tobias Bacherle als auch mit seinem Landtagskollegen Peter Seimer vertreten. Der Böblinger Landrat Roland Bernhard ist ja schon seit Jahren bekennender Pferdemarkt-Fan. Tobias Brenner, Chef der SPD-Kreistagsfraktion, muss wiederum aufpassen, dass er nicht mit seinem Namensvetter Klaus verwechselt wird, seines Zeichens Baubürgermeister in Leonberg. Martin Killinger, der Erste Beigeordnete aus Rutesheim, kann sich dem Zugriff der heimischen Gumpa Hexa nicht entziehen.

Ein Bier für sieben Leute

Der Gastgeber wiederum muss gleich mehrere Zuneigungsbekundungen flüssiger Art verkraften: Ob Griechischer Elternverein, Kirbeverein Eltingen, Obst- und Gartenbauverein oder AHA Weil der Stadt: Martin Georg Cohn muss nicht verdursten.

Auch ein alter Bekannter reiht sich unters feiernde Volk: Ulrich Vonderheid, einstiger Erster Bürgermeister und jetzt Chef des Roten Kreuzes in Leonberg, genießt sichtlich die Nähe zu den alten Weggefährten. Ganz im Sinne seiner jetzigen Organisation teilt er eine ihm gereichte Flasche mit „Eltinger Bier“ in Schnapsgläsern auf mehrere Mittrinker auf: Sieben auf einen Streich.