Der StZ-Weinkolumnist Holger Gayer stellt heute einen Schwarzriesling vor, der von Heilbronner Häftlingen gemacht wird.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Freiheit ist ein Wort, das Wengerter häufig im Mund führen, wenn sie von den Vorzügen ihrer Profession erzählen. Sie sind keinem Chef verpflichtet, außer jenem, der ganz oben residiert. Sie haben ihren Arbeitsplatz vorzugsweise im Freien, wo keine Mauern das Gehen und Denken begrenzen. Und tatsächlich kenne ich Wengerter, die unter diesem Freiheitsbegriff ihre Berufung zum Beruf gemacht haben. Was gibt es Schöneres?

 

Eine ganz andere Bedeutung gewinnt das Wort Freiheit freilich, wenn man sich zur Staatsdomäne Hohrainhof begibt, die idyllisch zwischen Talheim und Untergruppenbach (Kreis Heilbronn) liegt. Hundert Hektar groß ist das Anwesen, elf Hektar davon sind für Reben reserviert, die Stephan Oppenländer und zwei weitere Weinbautechniker bewirtschaften. Das Besondere: Oppenländer und seine Kollegen sind gleichzeitig Vollzugsbeamte. Denn der Hohrainhof ist eine Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Heilbronn, die immer 15 bis 20 Gefangene in den offenen Vollzug in ihre bäuerliche Filiale schickt. Dort sollen die Häftlinge kurz vor ihrer Entlassung auf das Leben in Freiheit vorbereitet werden.

Das Ergebnis kann sich trinken lassen. Die Staatsdomäne ist auf Burgundersorten spezialisiert; mir gefällt besonders die trockene Schwarzriesling-Spätlese. Der Wein ist gehaltvoll, hat Kirsche und Pflaume im Aroma, aber auch eine leichte Schärfe. Insgesamt ist das einer mit Ecken und Kanten – so wie die, die ihn machen.

Das Urteil der StZ-Weinrunde:
Kathrin Haasis: Mit einem feinen, fruchtigen Burgunder hat dieser Schwarzriesling nichts gemein. Er ist tatsächlich ein strubbeliger Typ, würzig könnte man wohlwollend sagen, herb im Abgang. Aber es ist keine schlimme Strafe, ihn zu trinken.

Harald Beck: Mit einem Schwarzriesling hat ja so mancher sein Problem, beim Anbauen oder beim Trinken. Dieser hier brennt zwar leicht, kann sich aber durchaus sehen lassen, mit Kante und genügend Kraft. Strafverschärfend ist das keinesfalls.