Zu erstaunlichen Erkenntnissen gelangt, wer auf den Spuren verstorbener Schriftsteller wandelt. Um keinen anderen schwäbischen Dichter ranken sich so viele Anekdoten wie um den übermütigen, trinkfesten Mediziner Justinus Kerner aus Weinsberg.

Weinsberg - Ein Boom und kein Ende. Galt es vor einem Vierteljahrhundert unter Literaturinteressierten noch als unangemessen, sich dorthin zu begeben, wo Schriftsteller aufwuchsen, lebten und schrieben, so sind Literaturreisen längst ein florierendes Geschäft geworden. Auf den Spuren Elena Ferrantes in Neapel, mit Fernando Pessoa nach Lissabon oder mit Annette von Droste-Hülshoff an den Bodensee und ins Münsterland – allenthalben geht es darum, die Aura von Orten zu erspüren und sich zumindest einzubilden, einen Autor und sein Werk erst auf diese Weise wahrhaft zu verstehen. Und wie sehr man über diesen Exkursionseifer lächeln mag – es lässt sich kaum bestreiten, dass solche Reisen zu anschaulichen Erkundungen der Vergangenheit werden können. Manchmal braucht man dafür nicht einmal in die Ferne zu schweifen; eine Reise ins Unterland kann genügen.