Erdacht zu Pandemiezeiten, hat es sich das Stuttgarter Lokstoff Theater zur Aufgabe gemacht, mit einem speziellen Format Senioren ein Fenster zur Welt zu öffnen. Nun bekamen das auch Zuschauer in Fellbach zu sehen.

Volontäre: Luisa Rombach (lur)

Es ist ein verregneter Nachmittag Ende November. Im Treffpunkt Mozartstraße haben sich rund 30 Seniorinnen und Senioren bei Kaffee und Kuchen zusammengefunden, um sich nicht nur gedanklich nach Alaska mitnehmen zu lassen. Wenig verwunderlich, dass die Aussicht auf ferne Welten im nasskalten deutschen Spätherbst für gut gefüllte Reihen sorgt.

 

Ein Riesenhandy wird zum Fenster zur Welt

Die traditionelle Diaprojektor-Bilderschau hat aber beim Auftritt des Stuttgarter Lokstoff-Theaters eine deutliche Aufwertung bekommen. Anstelle der Leinwand benutzt der Schauspieler Frank Deesz einen lebensgroßen, rollbaren Bildschirm, den er als „Riesenhandy“ bezeichnet. Genannt wird diese Vorführung „dig’n roll“, eine Anspielung sowohl auf die digitale Komponente als auch auf die Beweglichkeit des Apparates.

„Die Entstehung geht zurück auf die Coronapandemie, als die Pflegeheime geschlossen waren,“ erklärt Oliver Cordes, der für die Technik zuständig ist. Ziel sei es gewesen, die Welt draußen zu den Senioren zu bringen. Ursprünglich als Fenster in die bekannte Umgebung wie beispielsweise den lokalen Marktplatz gedacht, bringt das Projekt nun, in weitestgehend pandemiefreien Zeiten, fernere Ziele ganz nah.

Wissenstest über Alaska

Die Themen variieren. Im Fellbacher Treffpunkt geht es um Alaska, den größten der 50 US-Bundesstaaten. Die landschaftliche Imposanz des Staats passt dabei gut zu Deesz tiefem, bedächtigem Ton. Während er über Themen wie den Yucon River, die Ureinwohner der Region, und den Schriftsteller Jack London spricht, umrahmen eindrückliche Fotos auf dem Rollbildschirm seine Worte.

Ob die Zuschauer bei alkoholfreiem Glühwein und auch ansonsten umfangreicher Verpflegung gut zugehört haben, wird danach bei einem kleinen Quiz getestet. Die Einwohnerzahl Alaskas, der Name der Ureinwohner, das berühmteste Tier des Staates, sowie das Land, von dem die USA den Staat erwarb, sind gefragt. Wie sich herausstellt, sind die Fellbacher Zuschauer sehr aufmerksam. Zahlreiche Arme gehen in die Höhe, als gefragt wird, wer alle Fragen richtig beantworten konnte. „Als Preis gibt es schwäbische Wibele, ich habe allerdings nur fünf Packungen dabei,“ sagt Deesz bedauernd, der offensichtlich nicht mit so vielen Wissenden gerechnet hatte.

Weihnachtsgeschichten zur festlichen Einstimmung

Als weitere Belohnung, quasi als Zugabe, liest Frank Deesz anschließend etwas vor. Eigentlich, sagt er, habe er überlegt, passend zum Thema etwas aus dem Werk Jack Londons vorzutragen. Dieser stammte zwar aus Kalifornien, war aber einer der ersten, der sich am Goldrausch beim Klondike River in Alaska beteiligte.

Da dessen Stoff jedoch nicht gerade leichte Kost ist, entschied sich Deesz stattdessen für ein paar Weihnachtsgeschichten. Schließlich dauert es nicht mehr lange bis zum ersten Advent. Das Publikum ist freudig begeistert und lauscht selig, als der Schauspieler sie in eine besinnliche Weihnachtszeit mitnimmt. Auf dem Rollbildschirm sind währenddessen festliche Aufnahmen von Tannenbäumen und anderen weihnachtlichen Motiven zu sehen.

Bei den Seniorinnen und Senioren im Treffpunkt Mozartstraße kam das Format gut an, meint Deesz. Trotzdem sei die Umsetzung nicht immer möglich oder leicht, da viele Einrichtungen nicht die notwendigen Kapazitäten für die Organisation einer solchen Veranstaltung hätten. Die Finanzierung für fünf weitere Vorstellungen stehe. Weitermachen würden sie in Fellbach gerne, wenn es sich umsetzen lässt: Dem gebannten Zuhören der Senioren nach zu schließen, würden sie sich darüber freuen.