Die Hamburger ECE-Gesellschaft hat neue Entwürfe für den Umbau des maroden Einkaufszentrums in Ludwigsburg präsentiert. Die Bauarbeiten beginnen im Dezember.

Ludwigsburg - Es soll Hamburger geben, für die beginnt die Provinz direkt vor den Toren Hamburgs, denn Hamburgern wird manchmal eine angeborene Form der Arroganz nachgesagt. Arrogant ist der Architekt der Hamburger Projektentwicklungsgesellschaft ECE nicht, ganz im Gegenteil. Dennoch sorgte er am Donnerstag im Ludwigsburger Bauausschuss, wohl unfreiwillig, kurz für Staunen. Gleich mehrfach betonte der Mann, die ECE werde bei der Umgestaltung im Innern des Marstallcenters dunkles Holz einsetzen – das passe einfach am besten zu der eher ländlich geprägten Umgebung.

 

Nun ist Ludwigsburg nicht unbedingt dörflich-rustikal, das Marstallcenter aber ausgesprochen hässlich. Und weil die Umbaupläne der ECE offenbar dennoch überaus überzeugend wirkten, quittierten die Stadträte die Ausführungen mit viel Lob. Drei Wochen, nachdem das Unternehmen den Bauantrag eingereicht hat, nutzte es im Rathaus die Chance, die neuesten Entwürfe vorzustellen – das Marstallcenter steht vor einer Radikalkur. Immerhin der Name bleibt erhalten, wie der ECE-Manager Christian Scheuerl versicherte. Was keine Selbstverständlichkeit ist, denn bei zahlreichen anderen ECE-Projekten in der Republik ging die Umgestaltung mit einer Umbenennung einher.

Mit Saturn und Rewe wurden wichtige Ankermieter gefunden

In Ludwigsburg aber sollen die historischen Wurzeln des Gebäudes jetzt erst richtig sichtbar werden. Weil Marstall einst einen Pferdestall bezeichnete, werde man Elemente integrieren, die genau dieses aufgreifen, sagte Scheuerl.

Das heißt: es wird viel mit Holz und Metall gearbeitet, manche Türen werden wie Stalltüren gestaltet, Pferdeskulpturen aufgestellt, die Fußböden sind dunkel gehalten, während das Center insgesamt deutlich heller, offener und freundlicher wirken soll. Die ECE begradigt Ladenstraßen, versetzt Aufzüge und legt Lichthöfe an, damit lange Sichtachsen in den Passagen entstehen. Am Donnerstag bestätigte das Unternehmen überdies erstmals offiziell, dass mit Rewe und Saturn zwei wichtige Ankermieter gefunden wurden.

Auch die bereits bekannten Entwürfe für die Außenhaut hat die ECE erneut überarbeitet. „Wir können das Gebäude nicht wegzaubern“, erklärte der Architekt, der wohl genau dies gerne getan hätte. Denn der Aufwand für die Wiederbelebung des 200 Meter langen Kolosses ist gigantisch.

Auch die Außenhülle wird aufwendig überarbeitet

Die ECE wird die Südfassade vor der Fußgängerzone nicht wie ursprünglich vorgesehen mit Keramik, sondern mit hellem Naturstein verkleiden. Das bunkerartige Gebäude soll mit Schaufenstern aufgebrochen werden, alle Eingänge werden größer, Markisen sollen den Sockel zusätzlich auflockern. Ein zentrales Element ist die Treppe auf dem Reithausplatz, die nicht wie heute rund, sondern eckig vor dem Haupteingang emporragen wird. Ganz ohne Understatement wagte die ECE einen Vergleich zur berühmten Spanischen Treppe in Rom. Die Marstall-Treppe könne ein Podium werden für Events aller Art. „Das wird sicher ganz schön aufregend.“

Auch die drei anderen Seiten werden stark verändert. Partiell soll eine fast durchsichtige Metallstruktur die hässliche Fassade verdecken, an anderen Stellen wird die Außenhaut neu verputzt. An der Nordseite wird die Gebäudefront, die momentan im unteren Bereich für Parkplätze geöffnet ist, bis auf den Boden gezogen. Der Treppentrum für die Wohnungen über den Ladenzeilen wird teilweise verkleidet und erhält damit eine Art Krone – versehen mit dem Schriftzug „Marstallcenter“. Parallel zu den Arbeiten der ECE wird die Stadt in den kommenden Monaten das Umfeld umfassend umgestalten (siehe Infobox).

Nicht nur die Stadträte, auch der Baubürgermeister Michael Ilk lobte die Pläne des Unternehmens, die letztlich darauf abzielen, das riesige Gebäude besser ins Stadtbild einzupassen. „Die ECE hat einen Elefanten übernommen und versucht jetzt, eine Gazelle daraus zu machen, was sicher nicht ganz einfach ist“, sagte Ilk.

Die ECE beginnt im Dezember mit den Bauarbeiten, die Wiedereröffnung ist für September 2015 vorgesehen. In dieser Zeit werden in der Unteren Stadt zahlreiche Parkplätze wegfallen, weil diese für die Baustellen-Infrastruktur benötigt werden. Ilk hat bereits angekündigt, dass die Situation nicht immer einfach sein wird. „Aber da müssen wir durch.“

Ein Stadtviertel wird umgebaut

Rückseite
Der Bauausschuss hat auch große Teile des von der Verwaltung geplanten Umbaus im Quartier Untere Stadt beschlossen. Auf der Rückseite des Marstallcenters werden ein Tunnel und eine Stützmauer abgerissen, Straßenhöhen angeglichen, Fußgängerwege verbreitert und Bäume gepflanzt. Die Einfahrt zur dann umgestalteten Tiefgarage wird mithilfe eines neuen Kreisverkehrs geregelt. Außerdem wird dort ein neues Gebäude errichtet, das für Studentenwohnungen oder Büros, etwa für Start-up-Firmen, genutzt werden soll.

Vorderseite
Auch der Reithausplatz wird bis zur Wiedereröffnung des Centers aufgewertet: mit neuem Belag, Beeten und neuer Beleuchtung. Drei Platanen vor dem Marstall bleiben erhalten, fünf Bäume im Umfeld müssen wegen der Bauarbeiten weichen, werden aber später ersetzt. Die Lindenstraße wird erst nach 2015 saniert.

Fassade
Noch nicht entschieden ist, ob auch die Fassade der rund 200 Wohnungen über dem Einkaufszentrum erneuert wird. In der Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 4. Dezember, stellt die Verwaltung entsprechende Überlegungen vor, doch die Finanzierung ist noch unklar. Einen Tag später, am 5. Dezember, informieren Stadt und ECE die Öffentlichkeit über den Ablauf aller Baumaßnahmen in dem Quartier. Zeit und Ort: 18 Uhr im Marstallcenter. tim