Elisabeth Schweeger, die ehemalige Intendantin des Frankfurter Schauspielhauses, übernimmt im September die Ludwigsburger Theaterakademie. Sie liebt die interdisziplinäre Grenzüberschreitung und könnte genau die richtige Frau am richtigen Ort sein.

Stuttgart - Es gibt Personalien, die geräuschlos über die Bühne gehen. Keine wilden Spekulationen im Vorfeld, keine zur Unzeit nach außen dringenden Indiskretionen – die am Donnerstag im Stuttgarter Wissenschafts- und Kunstministerium bekanntgegebene Nachricht gehört zu dieser Sorte der unaufgeregt und mit Bedacht gefällten Entscheidungen: Elisabeth Schweeger wird zum 1. September die Akademie für Darstellende Kunst (ADK) in Ludwigsburg übernehmen. Die ehemalige Intendantin des Frankfurter Schauspielhauses folgt auf Hans-Jürgen Drescher, der zum gleichen Zeitpunkt an die Bayrische Theaterakademie in München wechselt. „Die Kontinuität in der Leitung der Hochschule ist gewährt, sowohl zeitlich als auch qualitativ“, sagte dazu Kunststaatssekretär Jürgen Walter.

 

Für diese ministeriale Zuversicht spricht in der Tat einiges. Abgesehen von der punktgenauen Stabübergabe könnte die 1954 in Wien geborene Elisabeth Schweeger das Zeug haben, die Arbeit von Drescher erfolgreich fortzusetzen. Ihm war es zuletzt gelungen, die 2008 mit enormen Startschwierigkeiten anlaufende ADK zu stabilisieren und zu konsolidieren. Zwei Herren vor ihm waren daran mehr oder weniger gescheitert. Dass mit Schweeger nun schon der dritte Direktorenwechsel binnen sechs Jahren ansteht, verweist in aller Deutlichkeit auf die mehr als holprigen Anfänge der an die Ludwigsburger Filmakademie angedockten Theaterakademie.

Grenzüberschreitung – dafür steht Schweeger

Mit Drescher aber kam die Wende zum Guten. Und daran soll die sechzigjährige Allrounderin mit ihrer reichhaltigen Bühnenerfahrung anknüpfen. „Die ADK ist eine Schmiede für die Zukunft“, sagte Schweeger gestern bei ihrer Vorstellung, „wir müssen an dieser Schule laut und sinnlich darüber nachdenken, wie sich Theater künftig in der Gesellschaft positionieren wird – und unsere Ausbildung an solchen neuen Bühnentendenzen ausrichten.“ Grenzüberschreitend, in Musik und bildende Kunst ausgreifend, hat Schweeger ja schon immer gearbeitet, ob als Ausstellungskuratorin oder eben als Theaterfrau. In München wurde sie 1993 künstlerische Leiterin des avantgardistischen Marstalls im Residenztheater, bevor sie 2001 als Intendantin ans Frankfurter Schauspielhaus wechselte und Armin Petras zum Hausregisseur machte. Seit 2009 leitet Schweeger die Kunstfestspiele Herrenhausen in Hannover, wo sie aber – wie sie versichert – rechtzeitig zum Ludwigsburger Dienstbeginn aus ihrem Vertrag aussteigen kann.

Sie sei ein „Unruhegeist im besten Wortsinne“, meinte Kunststaatssekretär Walter, was die designierte ADK-Chefin dann doch zu einer kleinen Korrektur veranlasste. Sie liebe lediglich die „gepflegte Streitkultur“, erwiderte Schweeger – und das wiederum, also Streiten, Debattieren, Experimentieren, kann der Ludwigsburger Hochschule nur guttun. Die ADK hat derzeit 55 Studenten in den Bereichen Schauspiel, Dramaturgie und Regie, sie arbeitet an der Schnittstelle zwischen Bühne und Film und wird als baden-württembergisches Leuchtturmprojekt mit „Alleinstellungsmerkmal“ gehandelt – ein Status, der auch in einer vom Land beauftragten Evaluierung bestätigt worden ist. Trotzdem gab es zuletzt Probleme bei der Finanzierung der Hochschule, weil die Sondermittel aus der „Zukunftsoffensive“ der Landesstiftung Ende 2014 auslaufen. Nun aber, so Jürgen Walter, sei die Einrichtung bis 2017 durchfinanziert. Der Landeshaushalt sehe jährlich 2,1 Millionen Euro für die ADK vor. Zusammen mit noch nicht abgerufenen Geldern aus der besagten Offensive sei die Zukunft der Hochschule damit gesichert.

Sollte es freilich je anders kommen, wagen wir schon jetzt eine Prognose. Elisabeth Schweeger würde sich mit ihren Waffen zur Wehr setzen: mit gepflegter Streitkultur.