Andreas Willberg eröffnete die 17. Marbacher Orgelwochen mit dem „Dritten Teil der Clavier-Übung“ von Johann Sebastian Bach.

Intensiver, gewaltiger, klangreicher konnte der Auftakt zu den 17. Marbacher Orgelwochen kaum sein, in Szene gesetzt in der Alexanderkirche von Andreas Willberg, Hausorganist und Bezirkskantor für das Dekanat Marbach. Er schlug das Publikum mit einem anspruchsvollen Werk von Johann Sebastian Bach in Bann: dem „Dritten Teil der Clavier-Übung“. Das Stück ist ein vertonter, kunstvoll gestalteter Gang durch den lutherischen Katechismus; Glaubensmusik, sozusagen.

 

Ein Bekenntnis zum Glauben

Bevor er sich an die Voit-Orgel setzte, informierte Willberg: Die „Übung“ sei mitnichten eine Übung im üblichen Sinn des Wortes, sondern eine geistlich bestimmte Vertonung von Glaubensinhalten. „Bach hat sich damit auch zu seinem Glauben bekannt.“ Der Komponist schrieb das Werk 1739. Damals wurde in Leipzig daran erinnert, dass Martin Luther vor genau 200 Jahren in der Stadt gepredigt hatte, in der Thomaskirche.

Zweifellos ein Stück, das vom Organisten höchste Konzentration erfordert. Willberg verglich seine Aufgabe mit einer Reise durch die Alpen: „Jeder dieser Sätze ist ein Gipfel, an dem man sich erfreuen kann.“ Er spielte hochkonzentriert und virtuos und füllte den hohen Raum der Kirche mit mächtigen Tönen. Die sehr rasch aufeinander folgenden Variationen Bachs, mit denen der Komponist Kirchenlieder von Luther weiterentwickelte, forderten allerdings auch das Publikum.

Mal mächtig, mal bedächtig

Nach dem Praeludium, einem anfangs gravitätischen, verhaltenen Auftakt, brachte Willberg beim dreifachen Kyrie für Gott Vater, Gott Sohn und Gott den Heiligen Geist die ganze Bandbreite des Bachschen Reichtums zum Klingen. Schön herauszuhören war der unterschiedliche Charakter der Katechismus-Choräle. Mächtig, ja triumphierend beim „Wir glauben all an einen Gott“, sanft, fast still und bedächtig, folgte das Gebet „Vater unser im Himmelreich“.

Bachs besondere Tonkunst demonstrierte Willberg mit „Christ unser Herr zum Jordan kam“, seine linke Hand ließ mit raschen Tonfolgen hörbar die Wellen des Jordan fließen. Bewegend „Aus tiefer Not schrei ich zu dir,“, mit dem vollen Einsatz von Orgel und Pedalen wurde daraus ein existenzieller Hilferuf. Eine Kernaussage des reformatorischen Bekenntnisses: Die Erkenntnis der eigenen Ohnmacht muss drastisch ausfallen, um nachher die Rettung durch Christus um so glücklicher zu erleben.

Auch die abschließende Fuge in Es-Dur erzeugte noch einmal einen glaubwürdigen Widerhall des Glaubens. Das dritte Thema der Fuge, eine fallende Tonfolge, führte das Stück wie kreisend einem harmonischen Finale zu. Auch hier meisterte Willberg die Aufgabe mit hörbarer Spielfreude.

Starker Beifall belohnte den Mann an der Orgel für seine musikalische Leistung. Er hatte zum Auftakt der Marbacher Orgelwochen einen starken Akzent gesetzt. Am kommenden Sonntag wird Lydia Schimmer in der Alexanderkirche spielen, Domkapellmeisterin in St. Eberhard in Stuttgart.