Der Kriminalbiologe Mark Benecke gastiert nach langer Pause wieder in der Schwabenlandhalle. Der Reiz am Schauer ist groß, wie der Vorverkauf zeigt.

Es war der letzte große Auftritt in der Schwabenlandhalle vor der coronabedingten Auszeit für kulturelle Veranstaltungen, und von einem vollen Erfolg zu sprechen, wäre weit untertrieben. Im März 2020 lockte Mark Benecke für den Veranstalter Expedition Erde mehr als 1300 Menschen in den Hölderlinsaal. Der in Rosenheim geborene und in Köln lebende Kriminalbiologe fasziniert die Massen. Nicht nur in Fellbach, wo er – im seit Wochen ausverkauften Hölderlinsaal – am Samstag, 21. Januar, seinen nächsten bildlich unterlegten Vortrag über Bakterien, Gerüche und Leichen hält.

 

Dabei trifft die Bezeichnung Vortrag nur höchst rudimentär, was der „Herr der Maden“, wie er auch genannt wird, seinem Publikum bietet. Als Spezialist für forensische Entomologie wird der 52-Jährige an Tatorte schwerer Verbrechen gerufen. Neben typischen Spuren wie Blutspritzern untersucht er dabei die Entwicklungsstadien der auf den Leichen entdeckten Insekten und deren Larven. Es ist eine im wahren Wortsinn anrüchige Tätigkeit, für die Mark Benecke ein weltweit gesuchter Fachmann ist. Er reist auch schon mal nach Kolumbien, um sich dort im Gefängnis mit einem psychopathischen Serienmörder zu unterhalten.

Was hat Benecke mit Donald Duck zu tun?

Wer Mark Benecke live erleben will, sollte vorher nicht zu schwer gegessen haben. Fast drei, zu keiner Sekunde langweilige Stunden lang präsentiert er nicht nur im Schnellsprech herausragende Fälle seiner rund 2000 bis zur Aktenreife gebrachten Untersuchungen. Vor allem sind es die Fotos, die auch hart gesottene Besucher als verstörend bis erschreckend empfinden können. Selbst mit wenig olfaktorischer Fantasie kann man sich den Geruch vorstellen, der eine durch Bakterien bereits grünlich verfärbte Leiche umwabert, und der fotografierte Blick aufs mangels Schädeldecke freiliegende Gehirn einer noch lebenden Frau reizt sicher nicht zur entspannten Betrachtung.

Dass sich Mark Benecke einer mindestens bundesweit verteilten Fangemeinde erfreut, liegt aber auch an seinen außerberuflichen Aktivitäten. Er ist nordrhein-westfälischer Landesvorsitzender der Spaßgruppierung Die Partei und Mitglied bei den Kölner Donaldisten, die sich der Erforschung der Entenhausener Familie Duck verschrieben haben. Zudem engagiert sich der großflächig tätowierte Mann von schlanker Gestalt als Vorsitzender des Vereins Pro Tattoo.

Vor allem aber ist der unter anderem beim FBI ausgebildete Autor einer zweistelligen Anzahl von Büchern ein Fachmann, der mit wissenschaftlicher Präzision ans Werk geht und sich nicht von scheinbar offensichtlichen Dingen ablenken lässt. „Denken ist böse“, lautet ein Satz, der immer wieder von dem aus Fernsehen, Funk, Film, Hörspielen und Podcasts bekannten Mann zu hören ist. Er vertraut lieber auf Experimente, für die gelegentlich an einem Freiwilligen der Verlauf von Blut auf dem Körper erforscht wird.

Um ein solches Pensum zu absolvieren, wie es der promovierte Kriminalbiologe tut, scheint eine überaus strukturierte Arbeitsweise notwendig zu sein. Störungen hasst der Vegetarier noch mehr als den verbrannten Rand einer Pizza Salami: Zuschauer, die nicht mindestens fünf Minuten vor Veranstaltungsbeginn im Saal sind, müssen gnadenlos bis zur Pause warten. Alle anderen erleben einen unvergesslichen Abend.