Die Protestwelle nach dem Tod von George Floyd flacht nicht ab. In den USA demonstrieren am Wochenende tausende Menschen gegen Polizeigewalt und Rassismus. Auch die Kritik an Präsident Donald Trump wächst.

Washington - Zehntausende Menschen haben in den USA friedlich gegen Rassismus, Diskriminierung und Polizeigewalt demonstriert. In Washington, New York, Philadelphia, Chicago, Atlanta und weiteren Städten gingen die Menschen in ausgelassener Stimmung auf die Straße. Sie forderten Gerechtigkeit für den Afroamerikaner George Floyd, der vor knapp zwei Wochen bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis (Minnesota) getötet worden war. Zusammenstöße wurden nur sehr vereinzelt gemeldet. Vor dem Weißen Haus in Washington kam es am Samstagabend ebenfalls wieder zu friedlichen Protesten – die sich auch gegen US-Präsident Donald Trump und seine Politik richteten.

 

Trump sagt Golf-Ausflug ab

Trump wollte am Wochenende eigentlich in seinen Golfclub in Bedminster im Bundesstaat New Jersey reisen, es sollte sein erster Ausflug über Nacht seit der Corona-Krise sein. US-Medien berichteten, der Trip sei abgesagt worden. Bereits vor zwei Wochen handelte sich Trump Kritik ein, als er sich auf dem Golfplatz vergnügte, während die Zahl der Corona-Toten in den USA sich auf die Marke von 100 000 zubewegte. Trump nun erneut auf dem Golfplatz, während im ganzen Land protestiert wird – das hätte sicher kein gutes Bild abgegeben.

Also verbrachte der Republikaner das Wochenende im abgeriegelten Weißen Haus, während vor den neuen Barrikaden, die seine Regierung am Lafayette-Park errichten ließ, tausende Menschen aufzogen. Am Montagabend hatte Trumps Regierung am Lafayette-Park Demonstranten gewaltsam vertreiben lassen, unmittelbar danach posierte der Präsident dort vor einer Kirche mit einer Bibel für die Kameras. Das heizte die Wut im ganzen Land an – auch bei Washingtons Bürgermeisterin Muriel Bowser.

Auch in Stuttgart demonstrierten am Samstag Tausende gegen Rassismus:

Washingtons Bürgermeisterin kritisiert Trump scharf

Bowser ließ die Kreuzung an der Kirche in „Black Lives Matter“-Platz benennen. Auf die 16. Straße, die zu dem Platz vor dem Weißen Haus führt, ließ sie ebenfalls in riesigen Lettern „Black Lives Matter“ („Schwarze Leben zählen“) pinseln. Washington hat sich zu einem Zentrum der Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA entwickelt – auch weil viele Demonstranten Trump für einen gewichtigen Teil des Problems halten. „Er ist eklatant rassistisch“, sagt am Samstag ein Weißer, auf dessen Schild „Keine Gerechtigkeit, kein Frieden – und Fuck Trump“ steht.

Aus unserem Plus-Angebot: Kritik an Trump – Aufrechtes Militär

Auch der weiße Anwalt Andrew Tauber demonstriert auf der 16. Straße. Er trägt zwei Schilder, auf denen „Keine Truppen auf US-Straßen“ und „Lafayette Park ist nicht weit entfernt vom Tian’anmen-Platz“ steht – auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking war am 4. Juni 1989 Chinas Volksbefreiungsarmee gegen friedliche Demonstranten vorgegangen, Hunderte Menschen starben. Tauber sagt: „Ich denke, dass die Räumung des Lafayette-Parks vor einigen Tagen wirklich ein Zeichen für die Versuche der Trump-Regierung ist, die Institutionen der amerikanischen Demokratie zu untergraben.“

„Trump entfernt sich von der Verfassung“

Die Räumung des Parks und seine Drohung, das US-Militär gegen Demonstranten einzusetzen, könnten für Trump nach hinten losgehen. Trumps früherer Verteidigungsminister James Mattis schrieb im Magazin „The Atlantic“, Trump sei der erste Präsident, den er erlebe, der sich nicht darum bemühe, Amerika zu einen, sondern seit drei Jahren versuche, das Land zu spalten. Trumps Ex-Stabschef John Kelly schloss sich der Kritik an und sagte: „Ich denke, wir müssen uns genauer ansehen, wen wir wählen.“

Mehrere frühere US-Verteidigungsminister warnten Trump davor, das Militär in einer Weise einzusetzen, die die verfassungsmäßigen Rechte der Amerikaner untergraben würde. Am Sonntag stimmte Ex-Außenminister Colin Powell in den Chor kritischer Stimmen ein. Trump entferne sich von der Verfassung und werde „gefährlich für unsere Demokratie, gefährlich für unser Land“, sagte Powell dem Sender CNN. Der Republikaner kündigte an, bei der Präsidentschaftswahl im November für Trumps demokratischen Herausforderer Joe Biden zu stimmen.