Nach den Männern sind jetzt die Frauen dran: Immer mehr Raucherinnen erkranken an Lungenkrebs. Weil vor allem Frauen in den mittleren Lebenslagen nicht dem Glimmstängel entsagen, sehen Experten diese Entwicklung mit großer Sorge.

Stuttgart - Frauen in Industriestaaten sterben heute eher an Lungenkrebs als an bösartigen Brusttumoren. Das berichten Wissenschaftler in einem Report, der am Mittwoch anlässlich des Weltkrebstags veröffentlicht wurde. In den Industrieländern sind demnach 2012 rund 210 000 Frauen an Lungenkrebs gestorben – gefolgt von Brustkrebs mit 198 000 und Dickdarmkrebs mit 158 000 Todesfällen. In weniger entwickelten Ländern ist Brustkrebs bei Frauen das Tumorleiden mit der höchsten Mortalität. Bei Männern steht sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern Lungenkrebs an der Spitze.

 

Rauchen ist die Hauptursache für bösartige Lungentumore. „Die jetzige Generation, die an Lungenkrebs verstirbt, hat vor etwa 30 bis 40 Jahren mit dem Rauchen begonnen – meistens im Alter von 14, 15 Jahren“, sagt Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.

Die Lungenkrebs-Zahlen spiegeln somit Entwicklungen im Rauchverhalten wider. In Staaten wie den USA oder Großbritannien, in denen bereits in der Mitte des 20. Jahrhunderts sehr viele Menschen zum Glimmstängel griffen, sind die Lungenkrebs-Mortalitäten der Männer heute abnehmend und bei den Frauen stagnierend. In Ländern wie Spanien oder Ungarn gab es den Höhepunkt des Tabaktrends erst später: Hier seien die Mortalitätszahlen bei den Männern sinkend, bei den Frauen steigend, heißt es in dem Bericht.

„Der Trend wird weitergehen“

Experten sehen diese Entwicklung mit Sorge. „Der Trend wird weitergehen, solange es nicht gelingt, die Frauen in den mittleren Lebensjahren dazu zu motivieren, mit dem Rauchen aufzuhören“, sagt Pötschke-Langer vom DKFZ. Obwohl noch keine aktuellen Zahlen für die Jahre 2013 und 2014 vorliegen, gehen die Heidelberger Krebsforscher davon aus, dass auch in Deutschland Lungenkrebs unter den Tumorleiden mittlerweile die Haupttodesursache bei Frauen ist – und nicht mehr Brustkrebs. „Die sinkende Sterblichkeitskurve von Brustkrebs und die steil ansteigende von Lungenkrebs bei Frauen steuern seit langem auf einen Schnittpunkt um das Jahr 2015 zu“, sagt Nikolaus Becker vom DKFZ.

Im Vergleich zu Männern seien Frauen aus verschiedenen Gründen vulnerabler für Rauchen und die Folgeerkrankung Lungenkrebs, sagt Pötschke-Langer. „Die Frauen bleiben – wenn sie einmal mit dem Rauchen angefangen haben – fast jahrzehntelang stabil in ihrem Verhalten.“ Auch die Menge an Zigaretten sei hierbei problematisch. „Je mehr geraucht wird, desto mehr wird auch gestorben. Das betrifft Frauen genauso viel wie Männer“, sagt die Medizinerin. Jedoch müssten Frauen offensichtlich weniger rauchen, um Lungenkrebs zu bekommen. „Sie reagieren sensibler auf die krebserzeugenden Stoffe und andere Gifte im Tabakrauch als Männer.“

Immer mehr Menschen werden an Krebs erkranken

In dem gemeinsamen Bericht der Amerikanischen Krebsgesellschaft und der Internationalen Agentur für Krebsforschung wird auch auf weitere aktuelle Zahlen, Entwicklungen und Risiken des globalen Krebsleidens hingewiesen: Demnach sind 2012 weltweit schätzungsweise 14,1 Millionen Menschen neu an Krebs erkrankt und 8,2 Millionen daran gestorben. Die Forscher gehen davon aus, dass in Zukunft noch mehr Menschen an Krebs erkranken und sterben werden. Zum einen wächst und altert die Weltbevölkerung, zum anderen sind mit Wirtschaftswachstum und Urbanisierung auch Risikofaktoren für Krebs assoziiert – etwa Übergewicht, Rauchen und weniger Bewegung.

„Ein erheblicher Teil des weltweiten Krebsleidens könnte durch bereits bestehendes Wissen zur Kontrolle von Krebs verhindert werden“, schreiben die Forscher. Dazu zählten Tabakkontrolle, Impfungen zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs, frühe Diagnosen sowie Förderung von Sport und gesunder Ernährung. Bei der Prävention von Lungenkrebs könne man in Deutschland bei den Jüngeren bereits Erfolge verbuchen, sagt die DKFZ-Expertin Pötschke-Langer. „Deutlich weniger Mädchen und Jungen im Alter von 12 bis 17 Jahren fangen mit dem Rauchen an. Die große Hoffnung besteht darin, dass diese Generation auch gar nicht anfängt.“