Dominik Hirsch lebt für zwei Wochen im sogenannten Mikrohofhaus mitten auf der B 27. Er hat 7,3 Quadratmeter Platz für kochen, schlafen, wohnen. Taugt das Haus als Dauerwohnsitz?

Ludwigsburg - Der Einzug war der wohl schnellste in Dominik Hirschs Leben: Tasche reinstellen, Bett beziehen, fertig. Man braucht ja nicht viele Utensilien für eine Wohnung, die gerade mal 7,3 Quadratmeter groß ist. Am Dienstag der vorigen Woche startete für den 26-jährigen Studenten aus dem Enzkreis ein soziales Experiment: Zwei Wochen wohnen im sogenannten Mikrohofhaus direkt auf der Sternkreuzung. Seit März steht der schwarze Blechkasten auf dem Grünstreifen an der viel befahrenen B 27, regelmäßig dürfen Auserwählte für kurze Zeit dort einziehen.

 

„Es kommt mir ein bisschen wie Luxus-Campen vor“, kommentiert Hirsch seine temporäre Bleibe. Alles sei sehr funktional gehalten, mehr als Kochen, Essen und Schlafen gehe hier nicht. Immerhin: Zwei kleine Kochplatten gibt es. Der Inhalt seines Kühlschranks – ebenfalls ein Mini-Exemplar – zeugt aber davon, dass Hirsch abends lieber auswärts isst: Schokolade und Weißwein sind drin.

Ein Brunnen hilft gegen den Straßenlärm

Das Minihaus ist Teil des Projekts „Raumpioniere“ des Ludwigsburg-Museums MIK. Anlässlich des Stadtjubiläums hatte Ludwigsburg einen Wettbewerb ausgeschrieben: Architekten sollten ihre Ideen zu zeitgemäßem Wohnen einbringen und zeigen, wie unwirtliche Orte bewohnbar gemacht werden können. 25 000 Euro durfte das Gebäude an der B 27 maximal kosten. Gewonnen und ihren Vorschlag verwirklicht haben die Stuttgarter Architekten Hans-Christian Bäcker, Florian Kaiser und Guobin Shen. Einer von ihnen, Bäcker, wird in der kommenden Woche in das Mikrohofhaus einziehen.

Der Lärm der Bundesstraße ist laut Hirsch kein Problem. „Der Brunnen hat etwas Entspannendes“, sagt er: Dem Haus vorgelagert ist ein kleiner Garten mit kreisförmigem Teich und einem Baum. Es soll an die Architektur von chinesischen Hutong-Vierteln erinnern. Die Wohnanlage ist umgeben von Holzwänden – nur ein kleines Fensterchen am Eingang gewährt den Blick durch die Wohnung in den Garten. Und macht so Passanten neugierig: „Es kommt eigentlich ständig jemand vorbei und schaut sich meinen Garten an“, sagt Hirsch. Ihn stört das nicht, auch wenn es den deutschen Gewohnheiten von Privatheit zuwider läuft. So dachten seine Arbeitskollegen zu Beginn seiner Wohnzeit im Minihaus, dass am Eingang zum Hof eine verschließbare Tür sei. Stattdessen führt ein schneckenhausartiger, offener Gang in den Garten.

Sein Bad in seiner richtigen Wohnung ist größer als das Mikrohofhaus

Für Hirsch ist die Wohnung trotz des Trubels die „ideale Pendlerwohnung“. Er spart sich täglich 120 Kilometer oder umgerechnet zwei Stunden Autofahrt. Da nimmt er auch in Kauf, dass das Bad in seiner Wohnung im Enzkreis größer ist als das ganze Mikrohofhaus. Und warmes Wasser gibt es auch nicht. Hirsch schreibt derzeit bei Porsche in der Weststadt seine Masterarbeit. Es geht darin, grob gesagt, um die Mobilität der Zukunft. Und ist das Raumpionierprojekt, das Wohnen auf kleinstem Raum, im Angesicht von Wohnraumverknappung und Nachverdichtung, für Hirsch auch das Wohnen der Zukunft? „Wenn ich auf Dauer nur diese Kajüte hätte, könnte ich mir nicht vorstellen, das länger als vier bis fünf Tage durchzuhalten“, sagt er. Der knapp 30 Quadratmeter große Garten verhindere aber zum Glück, „dass man klaustrophobisch wird“, sagt er.

Wie es mit dem Minihaus nach dem Ende des Projekts Mitte September weitergeht, ist noch nicht klar. Ursprünglich war es als temporär vorgesehen, „aber es ist uns allen sehr ans Herz gewachsen“, sagt Alke Hollwedel, die Leiterin des MIK. Anfangs war das Haus nur als Ausstellungsstück gedacht. Als sich dann aber im Vorfeld so viele Interessenten dafür meldeten und einziehen wollten, „waren wir glücklich über dieses Sozialexperiment“.

Rund 20 Bewohner wird das Haus bis Mitte September beherbergen, vor allem Studenten und Pendler, aber auch Vater, Mutter und Kind haben schon darin gewohnt. Man habe auch schon sehr viele Besucher dort empfangen können. Jeden Freitag von 13.30 bis 14 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 15 bis 16.30 Uhr ist das Mikrohofhaus geöffnet. Mitarbeiter des Stadtmuseums beantworten dann Fragen zum Konzept.