Beim Umgang mit dem Missbrauch in ihren Reihen muss die Evangelische Kirche noch viel lernen, kommentiert unser Autor Michael Trauthig.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Zunächst das Positive: die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat viel Geld in die Hand genommen für eine unabhängige Studie zum Missbrauch in ihren Reihen. Immerhin das ist aller Ehren wert. Schließlich stellen sich nur wenige Institutionen in unserem Land so ihrer Verantwortung. Gleichwohl kommen die Ergebnisse einem Armutszeugnis für die EKD gleich. Da hat einerseits die Kooperation der Landeskirchen mit den Forschenden nicht wie geplant funktioniert. Das macht weitere Analysen nötig und ist peinlich für die EKD. Da haben es sich andererseits die Protestanten zu lange im Windschatten der katholischen Kirche bequem gemacht – im falschen Glauben, Missbrauch gebe es bei ihnen nur in Einzelfällen. Doch er ist auch in der EKD – wie in der Gesellschaft – ein Massenphänomen.

 

Die Evangelische Kirche kann nun beweisen, dass sie dazulernt

Dies hätten die Verantwortlichen früh erkennen und mindestens so folgerichtig wie die Katholiken Aufklärung und Aufarbeitung forcieren sowie die Vorbeugung standardisieren können. Stattdessen wurde laut der Untersuchung halbherzig agiert. Überdies fehlte es an dem Bewusstsein, dass es auch in der evangelischen Kirche – ohne den Zölibat, die strenge Hierarchie und die rigide Sexualmoral der katholischen Kirche – systemische Ursachen für Missbrauch geben kann. Dass die Studie solche Erkenntnisse zutage fördert, ist ein Gewinn. Die evangelische Kirche kann nun zeigen, dass sie dazulernt und die richtigen Konsequenzen zieht.