Bürger klagen, dass sie nicht überall telefonieren können. Die Netzbetreiber geben verschiedene Erklärungen dafür an. Mal ist es die schwierige Topografie, mal sind es die vielen Nutzer, die in der City zeitgleich in den Netzen unterwegs sind.

Stuttgart - In Schönberg funkt es nicht mehr. In dem Birkacher Stadtteil und weiteren Straßen des Bezirks haben Handybesitzer keinen Empfang. Im Oktober streikte von einem Tag auf den anderen das T-Mobile-Netz. Der Grund: die Kirchengemeinde vor Ort hat den Mietvertrag für die Antenne im Kirchturm gekündigt. Bis heute hat die Telekom keinen Ersatzstandort gefunden.

 

Auf eine Umfrage hin haben Leser und Facebook-Fans der Stuttgarter Zeitung zahlreiche weitere Stellen auf dem Gebiet der Landeshauptstadt genannt, an denen sie kein oder nur ein sehr schlechtes Handynetz haben. Betroffen sind alle vier führenden Netzanbieter gleichermaßen: T-Mobile, Vodafone, O2 und E-Plus. Eine große Zahl der Klagen betrifft Stadtrandlagen und Waldgebiete: die Waldau, besonders an der Ruhbank, den Botnanger Sattel, die Waldebene Ost oder die Bergheimer Steige. Einige Handybesitzer berichten auch von Orten mitten in der Stadt, wo es Probleme gibt. Ganz vorn auf der Beschwerdeliste: die Weinsteige.

Nutzer beschweren sich über überlastete Netze

Auch die S-Bahn-Strecke zwischen dem Hauptbahnhof und Bad Cannstatt wurde häufig genannt. „Das Netz von Vodafone ist in der kompletten Innenstadt überlastet“, schreibt jemand via Facebook. Er könne häufig nicht angerufen werden. „Ebenso brauche ich auf der Königstraße regelmäßig drei Versuche, um eine freie Leitung zu bekommen.“

Ähnliches berichtet ein anderer Nutzer des sozialen Netzwerks: Er habe im Sommer vom Schlossplatz aus einen Notruf absetzen wollen, weil er einen Mann beobachtet hatte, der ganz gezielt Kinder fotografierte. Leider habe ihm das fehlende Netz einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der verdächtige Mann habe ihn schließlich bemerkt und sei geflohen.

Mehr als 600 Mobilfunkantennen in der Stadt

Mehr als 600 Mobilfunkantennen gibt es in Stuttgart – das sind rund drei pro Quadratkilometer oder eine auf knapp 1000 Einwohner. Diese Zahlen lassen vermuten, dass die Stadt gut abgedeckt sein sollte. Das beteuern auch die Mobilfunkanbieter. Auf den Funkloch-Vorwurf reagieren sie unterschiedlich. Eine Sprecherin der Telekom sagt lediglich, dass der Engpass in Birkach eine Ausnahme sei. Zum Beweis hängt sie drei Netztests an ihre Mail an, bei denen das Unternehmen am besten abgeschnitten hat. Auf die Frage, ob das heiße, dass es an keiner anderen Stelle zu einem Funkloch kommen kann, antwortet das Unternehmen gar nicht mehr. Ähnlich die Auskunft von Telefónica, dem Betreiber der Marke O2: „Das Stadtgebiet Stuttgart ist von uns sehr gut versorgt.“ Es wird kein Bezug darauf genommen, ob es nun Funklöcher geben kann oder nicht.

E-Plus wird da schon auskunftsfreudiger: „Mobilfunkwellen verhalten sich wie das Sonnenlicht“, erklärt ein Sprecher. Aufgrund der physikalischen Ausbreitungseigenschaften könne es also Straßenabschnitte geben, die schlechter versorgt sind. Auch Vodafone steht dazu, dass es zu Engpässen kommen kann, wenn auch sehr vereinzelt. Funklöcher im Sinne von absolut fehlender Versorgung wie in Birkach „gibt es nahezu nicht“, sagt ein Sprecher.

Die Kessellage macht Probleme

Das Unternehmen weist darauf hin, dass die Engpässe eher mit Kapazitätsproblemen zu tun hätten, wie zum Beispiel in der vollen Königstraße. Oder mit der Topografie. Das sagt auch ein ehemaliger Mitarbeiter von einem der Netzbetreiber, der für die Umsetzung der Antennenstandorte in der Stadt verantwortlich war. Stuttgart sei durch die Kessellage kein einfaches Pflaster. Leugnen brauche ein Anbieter deshalb nichts. „Natürlich gibt es Stellen, an denen es hapert, oder Netzabbrüche“, sagt er; seinen Namen möchte er aber nicht in der Zeitung lesen. Doch die Probleme bewegten sich unter der Einprozentmarke.

Ein Beispiel sei die Gegend um die Bergheimer Steige und die Wildparkstraße. Dort würden Gespräche regelmäßig abbrechen, da eine Antenne fehle. „Die Unternehmen dürfen dort keinen zusätzlichen Mast bauen“, erklärt der Experte. Nicht immer sei nämlich der Netzbetreiber schuld an Funklöchern. Die Stadt könne Bebauungspläne dahingehend ändern, dass keine Mobilfunkstandorte zugelassen werden. Jüngst sei dies auf dem Areal des entstehenden Europaplatzes der Fall gewesen.

Das Stadtbild hat Vorrang

Den Grund für die Restriktionen nennt Thomas Saile vom Stadtplanungsamt: „Das hat stadtgestalterische Gründe“, sagt er. Wegen der Kessellage müsse man darauf achten, dass die Dachlandschaft nicht voller Masten ist. Im Einzelfall gewähre man den Betreibern aber Ausnahmen.

Auch Mobilfunkkritiker verhinderten durch Proteste immer wieder den Bau von Antennen, berichtet der ehemalige Mitarbeiter des Mobilfunkanbieters. Manchmal sogar mittels Drohungen gegen Personen, die ihr Dach vermieten würden, was er sehr bedauere. Die Meinung der Gegner will er nicht angreifen. Ihre Forderungen nach weniger Sendeleistung bringe aber nur wenig, meint er. „Denn eine Eingrenzung der Sendewerte“, sagt er, „würde lediglich zu noch mehr Masten führen.“

Eine Übersicht über die Mobilfunkstandorte in Stuttgart gibt es hier.