Märklin muss die Teilnahme an der Internationalen Modellbahn-Ausstellung und die Märklin-Tage absagen. Der Einweihungstermin des Märklineums ist weiter offen. Aber es gibt auch gute Nachrichten.

Göppingen - Noch vor zwei Jahren war Göppingen im September Kristallisationspunkt der Modellbahnszene. Die Märklin-Tage und die Internationale Modellbahnausstellung lockten an drei Tagen mehr als 60 000 Besucher in die Hohenstaufenstadt. Sogar japanische Fans hatten damals den weiten Weg nach Göppingen gefunden. An fünf Standorten hatte das Göppinger Traditionsunternehmen und die Stadt die Modellbahn in all ihren Variationen in den Mittelpunkt gerückt.

 

Soweit wird es in diesem Corona-Jahr mit Sicherheit nicht kommen. „Schweren Herzens müssen wir Ihnen heute mitteilen, dass die Internationale Modellbahn Ausstellung (IMA) 2021 samt Märklin-Tagen im September leider nicht stattfinden wird“, informierte Märklin jetzt die Öffentlichkeit. Wegen der unsicheren Infektionslage und den gegenwärtigen Unsicherheiten sei die Vorbereitung der IMA in gewohnter Qualität und Umfang leider nicht möglich, begründete das Organisationsteam die Entscheidung. Sicherheit und Vernunft stünden in diesen Zeiten an oberster Stelle, so das Organisationsteam. „Ebenso liegt uns die Gesundheit aller Aussteller und Besucher sowie unserer Mitarbeiter am Herzen. Die Ausstellungsmacher bitten um Geduld. Der Termin für die 38. Internationale Modellbahn-Ausstellung stehe indes schon fest: „Der 15 bis 17. September 2023 wird wieder zum Anziehungspunkt für Modellbahner aus aller Welt“, so die Firma.

Trotz Lockdown gute Verkaufszahlen

Doch Freud und Leid liegen auch bei Märklin eng beieinander. So sorgt die Pandemie nicht nur für Absagen im Veranstaltungskalender, sondern auch für ein dickes Plus in den Auftragsbüchern. Die Modellbahn boomt. Märklin macht ordentlich Umsatz. Nicht nur in deutschen Kellern und Kinderzimmern rollen immer mehr Züge.

Früher war alles anders. Party-Keller und Modellbahn-Keller standen in direkter Konkurrenz, Bierchen an der rustikalen Theke oder über Sperrholzplatten dröhnende Güterzüge, das war die Frage, die sich vor allem die Herren der Nation irgendwann stellten. Heute ist das anders: Party-Keller sind in Corona-Zeiten mega-out, über die wird nur noch berichtet, wenn eine illegale Party ausgehoben wird. Und Modellbahn-Keller? Sind mega-in und kamen neulich sogar ganz groß in der New York Times. Weil Märklin in Zeiten der Pandemie so richtig unter Dampf steht. „Märklin verzeichnet eine hohe Nachfrage nach Modelleisenbahnen. Märklin-Fans verbringen aufgrund der Lockdowns auffallend mehr Zeit mit ihrem Hobby und andere haben ein neues Hobby für sich entdeckt“, heißt es aus der Presseabteilung des Marktführers. Die Umsatzsituation sei trotz der Corona-Pandemie auf einem guten Weg.

In Zahlen: „Aktuell planen wir für das Geschäftsjahr 2020/2021 leicht über die Umsatzzahlen des Vorjahres von 112 Millionen Euro zu kommen, was aber durch den andauernden Lockdown mit Schließung der Spielwarengeschäfte schwierig zu beurteilen ist.“ Was umgekehrt heißt: Trotz Lockdowns verkaufen wir ganz ordentlich. So ordentlich, dass es Engpässe gab und gibt. Die New York Times vermeldete zur 17-Zentimeter langen, rot-schwarzen Dampflokomotive der Baureihe 078 für die Spur H0: „Ausverkauft“. Märklin dementiert nicht, im Gegenteil: „Wir sind durch die teilweise überraschende Nachfrage auch bei Gleisen, Steuerungsgeräten oder auch Startpackungen gerade um den Jahreswechsel herum in Lieferengpässe geraten.“ Die habe man „zügig wieder aufholen“ können.

Viele Modellbahner sind aktiv

Fast: Die Dampflok der Baureihe 078 ist auf der der Märklin-Homepage immer noch „werksseitig ausverkauft“, möglicherweise aber über den Fachhandel noch beziehbar. Wenn der auch keine mehr hat, ist das nicht so schlimm, die Baureihe 78, im Grunde die gleiche Lok mit etwas anderer Nummer, ist zu haben und quasi sofort einsatzbereit.

Die Nachfrage ist da, landauf, landab reaktivieren Modellbahner alte Anlagen, erweitern und modernisieren Schienennetz und Fahrzeugpark. Wie die große Bahn, die auch investiert wie nie zuvor, im ganz großen Maßstab.

Rund geht es nicht nur in deutschen Kellern und Kinderzimmern, auch in der Schweiz, Frankreich und den USA – siehe New York Times – wächst der Umsatz. Die rund 1170 Märklin-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Göppingen und im ungarischen Werk in Györ haben also gut zu tun. Solange der Weg ohne Maske in den Keller attraktiver ist als der mit Maske nach draußen, bleibt das wohl auch so.