Eines der ältesten Geschäfte in der Marbacher Altstadt gehört Adolf Schnabl. Er verkauft und repariert dort Modelleisenbahnen.

Es ist wie eine andere Welt. Eine im Miniaturformat. Und eine, in der die Zeit stehengeblieben ist. Das Geschäft von Adolf Schnabl in der Marbacher Marktstraße hat so viele Jahrzehnte auf dem Buckel, dass die meisten wohl sagen würden, es ist schon immer da. Und Adolf Schnabl, der ist auch schon immer da – der Mann, der (fast) jede Märklin-Lok reparieren kann.

 

Tatsächlich hatte sein Großonkel nach dem Zweiten Weltkrieg sein Elektrogeschäft hier wieder aufgemacht und da schon immer wieder auch Märklin-Spielzeug verkauft. Adolf Schnabls Vater arbeitete ebenfalls im Laden, und er selbst hat hier als Schüler angefangen, Modelleisenbahnen zu reparieren. „Ich bin da drin aufgewachsen“, sagt der heute 75-Jährige.

Noch immer steht er hinter der Ladentheke, umgeben von Loks und Waggons, von Gleisen und Weichen, Postautos und Feuerwehrfahrzeugen, von Bäumen und Sträuchern und Häusern und Verkehrsschildern und Figuren . . . alles im Miniaturformat.

Adolf Schnabl kann (fast) jede Märklin-Lok reparieren. Foto: Werner Kuhnle

Es ist diese Modellbahn-Welt, die so viele fasziniert. Auch Adolf Schnabl, der von klein auf damit zu tun hatte. Gemeinsam mit einem Schulfreund hat er Landschaften gebaut, in denen die kleinen Züge ihre Runden drehten, und dabei die verrücktesten Sachen konstruiert. Dann hat er seinen Elektroingenieur gemacht, ist aber doch im Geschäft in der Marktstraße hängengeblieben. 1984 hat er es vom Vater übernommen, als der in Rente ging. Ein paar Elektrosachen liefen noch nebenher, die Eisenbahnen wurden mehr und mehr. Vom Jahr 2000 an hat Adolf Schnabl nur noch in Modellbau gemacht.

Jede Lok hat ihre Geschichte

Dabei hat er sich auf Reparaturen spezialisiert. Die Basteleien rund um die Eisenbahnromantik sind nicht mehr so seins. Liebevoll Landschaften gestalten, das machen seine Kunden. Und dann kommen sie zu ihm, wenn sie Zubehör brauchen und vor allem, wenn etwas an der Lok klemmt. Adolf Schnabl kennt sie alle, die verschiedenen Typen und ihre Tücken, und er kann zu jeder kleinen Lok eine Geschichte erzählen. Über ihre Stromlinienverkleidungen und Vorwärmer, aber auch über ihre großen Ebenbilder: Welche Lok wann, warum und von wem gebaut wurde, wie lange sie wo im Einsatz war und welches Modell sie ablöste.

Eisenbahngeschichte und Eisenbahngeschichten. Mit seinen Kunden kann er fachsimpeln. Und er kümmert sich darum, wenn der kleine Motorblock nicht mehr tut oder die Räder lose sind, wenn die Lok entgleist oder der Stromabnehmer wackelt: Adolf Schnabl kann es richten. Am meisten Spaß macht es ihm, etwas zum Laufen zu bringen. Besonders bei betagteren Modellbahnen. „Die alten Dinger kenn‘ ich im Schlaf.“

Ebenso wie die Kataloge, die sich im Laden stapeln. Der 75-Jährige findet sich mit zwei Handgriffen in den langen Listen von Kupplungen, Laufgestellen und Federplatten aus allen Eisenbahn-Epochen zurecht. „Wenn jemand kommt, habe ich schon die Ersatzteilnummer im Kopf“, sagt er.

Die „größeren Sachen“ nimmt Schnabl zur Reparatur mit nach Hause. „Da hab’ ich besseres Licht.“ Im Laden hat er inzwischen die Öffnungszeiten etwas reduziert und ist nur noch donnerstags bis samstags da. Er ist ja auch nicht mehr der Jüngste und hätte längst in Rente gehen können. Wahrscheinlich wird er das auch irgendwann. Aber noch nicht gleich. Die kleine, stehen gebliebene Welt bleibt noch ein bisschen erhalten.