Menschenrechtler haben Anzeichen, dass die Tatverdächtigen im Mordfall Boris Nemzow ihre Aussagen unter Folter gemacht haben könnten. Die Männer selbst berichten von Prügel und Stromschlägen.

Moskau - Zwei Verdächtige im Mordfall des Kremlkritikers Boris Nemzow sind einem russischen Menschenrechtler zufolge möglicherweise bei Vernehmungen gefoltert worden. Bei einem Besuch im Gefängnis habe er bei den Männern Schürfwunden gesehen, die einen ausreichenden Folterverdacht nahelegten, teilte Andrej Babuschkin, Mitglied der Menschenrechtskommission beim Kreml, am Mittwoch in Moskau mit.

 

Der Chef der Gefangenenkommission, Anton Zwetkow, forderte eine Prüfung. Die Männer behaupteten, mit Baseballschlägern und Stromschlägen gefoltert worden zu sein. Die Blutergüsse und Schrammen könnten aber auch von der Festnahme stammen, meinte Zwetkow.

Zweifel an Motiv

Der Oppositionspolitiker Nemzow war am 27. Februar in Moskau von einem Unbekannten erschossen worden. Wenige Tage später nahm die Polizei fünf Verdächtige aus dem islamisch geprägten Nordkaukasus fest. Weggefährten Nemzows zweifeln aber an einem religiösen Motiv.

Der kremlkritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“ (Mittwoch) zufolge sollen die Hintermänner der Bluttat in höheren Sicherheitskreisen der Teilrepublik Tschetschenien sitzen.

Demnach soll ein mutmaßlicher Major einer Spezialeinheit, zu der einer der Verdächtigen gehörte, der „wahrscheinliche Organisator“ sein. Für „Nowaja Gaseta“ hatte die 2006 ermordete Journalistin Anna Politkowskaja gearbeitet.