Das Antik-Café in der Klingenmühle bei Welzheim öffnet an den Wochenenden, feiertags und in den Schulferien. Am Montag beim Mühlentag erwartet der Besitzer, der Müller heißt, aber nicht Müller ist, viele Gäste.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Welzheim - Der Weg führt steil bergab ins Tal. Wenn man nicht genau wüsste, dass unten am Bach seit Jahrhunderten die Klingenmühle steht, kaum jemand würde sich auf den kurzen Fußmarsch machen. Ein Vormittag im Frühling. Die Sonne scheint, aber es ist noch ziemlich frisch im Schwäbischen Wald. Das Auto steht auf einem Parkplatz direkt an der Verbindungsstraße von Welzheim nach Rudersberg. Schon nach ein paar strammen Schritten erreicht der Ausflügler den malerisch im Wald liegenden Fachwerkveteranen, der laut Auskunft seines neuen Besitzers anno 1614 erstmals in einem alten Schriftstück erwähnt worden ist.

 

Der stolze Eigentümer der Mühle heißt Müller, Stefan Müller. Der 49-jährige Mann mit dem freundlichen Lächeln und dem kräftigen Händedruck ist aber kein Müller. Er verdient seine Brötchen – noch jedenfalls – als Maschinenbautechniker. Müller und seine Freundin Carola Kaufmann haben das Gebäude vor rund zwei Jahren erworben – und dann erst mal ihr ganz persönliches Waterloo erlebt. Denn eigentlich hatten sie in der Mühle längst ein Antik-Café eröffnen wollen. Doch vor ziemlich genau einem Jahr hat eine Schlammlawine die ehrgeizigen Pläne durchkreuzt. Ein mächtiger Hang rutschte ab, Geröll blockierte die Zufahrt. Ein großer Baum stürzte auf die Kläranlage der Mühle. Die Aufräumarbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Noch ist auch nicht geklärt, wer für die gewaltigen Schäden aufkommt. Stefan Müller spricht von einer sechsstelligen Summe.

In den Ferien täglich geöffnet

Doch er und seine Partnerin haben das Café kürzlich eingeweiht, es ist von April bis Oktober geöffnet, an den Wochenenden und Feiertagen und während der Schulferien jeden Tag. Kommenden Montag, am Mühlentag, erwarten die beiden einen Besucheransturm. Wenn das Wetter einigermaßen mitspielt, wird draußen gegrillt, im Café wird Mühleneintopf und Kuchen serviert.

Das Paar hatte lange und in fast allen Ecken Süddeutschlands nach einer alten, ungewöhnlichen Immobilie gesucht. Die beiden haben sich ein Herrenhaus an der tschechischen Grenze angeguckt, ein altes Wasserwerk in Bad Urach und manches mehr. Bereits beim ersten Besuch der Klingenmühle war klar: „Das ist es.“ Wie viel Geld hat die Mühle gekostet? Der Hausherr schweigt, dann erklärt er: Der Betrag hätte für eine Penthousewohnung in bester Stuttgarter Lage gereicht.

Trekkingtouren mit den Ziegendamen Lina und Paula

Langfristig wären die Mühlenbewohner nicht abgeneigt, ausschließlich vom Café und ihren anderen Angeboten zu leben. Bis auf weiteres wird Stefan Müller aber seiner Arbeit mit geregeltem Einkommen nachgehen. Im Antik-Café, das seinen Namen auch wegen der alten Möbel trägt, helfen mitunter ein paar Verwandte mit. Auch Lina und Paula werden gelegentlich eingespannt. Bei den beiden Damen handelt es sich um Ziegen. Stefan Müller begleitet seine Gäste auf Wunsch und gegen Bezahlung mit den Vierbeinern auf Trekkingtouren, zum Beispiel zur Kesselgrotte oder auf dem Höllenrundweg. Wenn der Mühleneigner werktags beruflich auf Achse ist, dann widmet sich Carola Kaufmann ihrem neuesten Faible: Mit Zutaten, die sie rund um die Klingenmühle findet, stellt sie Bärlauchpesto, Liköre und andere Spezialitäten her.

Das Paar hat noch viele Pläne mit der aus dem Dornröschenschlaf erweckten Klingenmühle. Auf der Terrasse will es eine Sommerküche mit einem Backofen und einer riesigen Pfanne auf dem offenen Feuer eröffnen. Regelmäßig sollen Veranstaltungen stattfinden, etwa Vorträge und Kurse. Müller sagt, das Café könne für private und dienstliche Feiern gebucht werden. Das größte Projekt ist wohl die Sanierung des alten Mühlkanals und der Bau eines neuen Mühlrads. Doch bevor das in Angriff genommen werden kann, müssen erst mal alle Unwetterschäden beseitigt werden.