Fast-Food-Restaurants boomen vor allem in Städten – sollte man meinen. Die Gemeinde Murr mit ihren knapp 7000 Einwohnern beweist das Gegenteil. Sie beheimatet jetzt drei große Ketten. Warum?

Wer in Murr mal schnell in der Mittagspause oder zwischendurch etwas essen möchte, findet im Industriegebiet Im Langen Feld eine ungewöhnlich große Auswahl. Die beiden großen amerikanischen Burger-Ketten sind dort ebenso vertreten wie das individuelle und weitaus vielfältigere Angebot von „Renates Schnellrestaurant“, das frisch gekochte Speisen vor Ort und zum Mitnehmen bietet. Doch damit nicht genug: Vor einem Monat hat in einem Gebäude in der Gottlieb-Daimler-Straße, in dem bislang ein Casino angesiedelt war, ein weiterer amerikanischer Fast-Food-Anbieter eröffnet: Subway bietet nach individuellen Wünschen frisch belegte Sandwiches, Wraps und auch Salate. Und wer dann immer noch nicht fündig wird, schätzt vielleicht die Thüringer Rostbratwurst, die es donnerstags an Diddls mobilem Bratwurststand gibt.

 

Woher kommt diese ungewöhnliche Anziehungskraft eines Dorfes, das noch nicht einmal 7000 Einwohner hat? Und kannibalisieren sich die vielen Anbieter nicht gegenseitig?

Die Nachfrage reicht für alle Anbieter aus

Christoph Fehr, Gebietsleiter der McDonald’s Eduard Fehr Betriebe, sagt, sein Vater habe schon 2009 das Potenzial des Standorts mit seiner Autobahnnähe und dem Industriegebiet erkannt und 2010 dort eine Filiale eröffnet. Man freue sich, einen neuen Nachbarn zu begrüßen.

Auch Nick Schill, der gemeinsam mit Yasin Sezgin als Franchise-Unternehmer die neue Subway-Filiale betreibt, sieht keine Konkurrenz – im Gegenteil: „Wir sind wirklich happy mit dem Standort.“ Tagsüber käme vor allem ein Haufen Schüler, aber auch abends sei das Restaurant „super besucht“. Statt Konkurrenz zu den Burgern sieht er Synergie-Effekte. Nicht jeder wolle jedes Mal ins gleiche Lokal, sondern auch mal Abwechslung haben.

Autobahnnähe, Tankstellen und Industriegebiet sind Standortvorteile

Und was ist so toll an Murr, dass für alle Restaurants genügend Gäste kommen? „Die Straße, die ja auch Autobahnzubringer ist, hat eine hohe Frequenz, das ist Gold wert“, erklärt Schill. Täglich 60 000 bis 80 000 Fahrzeuge auf der Landesstraße 1125, da hält schon mal der eine oder andere Hungrige kurz an. „Eigentlich müssten wir noch auf der Autobahn Hinweisschilder machen, denn in dieser Kombination und Dichte gibt es das sonst im Landkreis Ludwigsburg nirgendwo“, meint der Unternehmer.

Ein weiterer Pluspunkt im Hinblick auf die vielen hungrigen Gäste sind aus seiner Sicht die beiden Tankstellen. Die bieten zwar selbst auch den einen oder anderen Happen zum Mitnehmen an, aber viele schätzen eben auch ein breiteres Speisenangebot. Zugleich geht Schill, der mit seinem Partner unter anderem auch in Bietigheim-Bissingen ein Subway-Restaurant betreibt, aber auf Nummer sicher und kooperiert mit dem gegenüber liegenden Reifenhandel: Wer dort die Schlappen seines Autos wechseln lässt, wird während der Wartezeit zum Essen auf das Subway verwiesen. Und auch das freie WLAN ist aus Schills Sicht ein attraktives Angebot für die Gäste.

Ergänzung statt Konkurrenz

Dieter Teifel, der Eigentümer des Gebäudes, sagt, er habe jemanden nehmen wollen, der auch in die Umgebung passe. Aus seiner Sicht ergänzt der Sandwich-Anbieter das bisherige Angebot. „Da gibt es Hühnchen und Fisch, aber kein Schweinefleisch“, sagt er. Ein weiteres Plus: Die E-Tankstelle direkt davor, die mit Solarstrom vom Dach auch sehr gut laufe.

Für die Kunden ist das schnelle Essen praktisch, für Umwelt und die Gemeinden hingegen oft ein Problem. So gab es in der Vergangenheit immer wieder Beschwerden wegen des anfallenden Mülls durch die Fast-Food-Restaurants. Das habe sich allerdings inzwischen deutlich gebessert, sagt der Gemeinderat Giorgio Monteleone: „Da wurden viele Mülleimer aufgestellt, auch wenn manche Jugendliche die trotzdem nicht nutzen.“ Bei Subway sei das gar kein Problem, beteuert Nick Schill: „Für das Sandwich gibt es ein Papier und eine Serviette, Becher haben wir keine, nur PET-Flaschen mit Pfand.“ Selbst die Salatschüssel sei aus Papier; die Kunststoffalternative werde wegen der Pfandgebühr nicht angenommen.