CDU und Grüne bezeichnen die Probleme im sanierten Gemäuer als „Kinderkrankheiten“, SPD und SÖS/Linke-plus waren schon immer dagegen, dass die Stadt 30 Millionen Euro vor allem für kommerzielle Events eingesetzt hat.

Stuttgart - Nach der Eröffnung der für 30 Millionen Euro von der Stadt sanierten Wagenhallen haben diverse Konzertveranstalter Kritik am Veranstaltungsbereich geäußert (unserer Zeitung berichtete). Zu geringe Besucherkapazität, Enge im Backstagebereich und zu wenig Parkplätze wurden moniert. Die Verantwortlichen für den Veranstaltungsbetrieb, das Duo Mellmann/Gutbrod, sprach von „Kinderkrankheiten“.

 

Ein weiteres strittiges Thema kommt hinzu: Die Betreiber bekommen zwar im ersten Jahr die Miete erlassen und müssen im zweiten Jahr nur drei Prozent Umsatzmiete plus Nebenkosten entrichten. Sie haben aber (neben eigenen Einbauten) einen Sanierungsanteil von 2,846 Millionen Euro zu refinanzieren. Perfekte Dinner scheinen lukrativer zu sein als Konzerte. Dass wegen Hochzeiten, Geburtstagen und Firmenevents noch genügend Zeit für kulturelle Veranstaltungen übrig bleibt, wird von der Kulturkundschaft bereits bezweifelt.

Für den Ausbau seien die Betreiber zuständig, erklärt die Stadt

Die Stadt erklärte, auf den Nutzermix habe sie keinen Einfluss. Und „für die spezifischen Ausbauten“ (Backstage) seien die Mieter zuständig. Baurechtlich sei der Veranstaltungsbereich für 2100 Personen ausgelegt, inklusive Foyer. Ob man im Vorraum die Bühne gut sehen kann, sagt die Stadt nicht. Und zur Parkplatznot meinte sie, die vorgeschriebene Zahl sei nachgewiesen. Sie räumt ein, dass der Parkdruck bei großen Veranstaltungen steigen könnte. Nach dem Abbau der Baustelle gebe es vor der Halle weitere Parkplätze. Man sei zudem in Gesprächen mit der benachbarten Schule über Stellplätze. Im Projektbeschluss hatte es aber geheißen, man benötige diese nur für den baurechtlichen Nachweis, also nicht tatsächlich.

Die „Retter der Wagenhallen“, der kulturpolitische Sprecher der CDU, Jürgen Sauer, und Grünen-Fraktionschef Andreas Winter, möchten die Kritik nicht überbewerten. Sauer spricht wie die Betreiber von „Kinderkrankheiten“. Kleine Umkleideräume? „Man darf nicht vergessen, dass im Bestand saniert wurde“, so die Kulturfreunde. Wenn Erweiterungen nötig seien, müssten diese aber vorgenommen werden. Winter meint aber, ein weiterer kleiner Raum müsse den Musikern im Backstage-Bereich reichen. Sauer erinnert an die im Baubeschluss erwähnte Zuschauerkapazität von 2100 Plätzen. Dass nun nur 1400 Besucher adäquate Bedingungen vorfinden würden, müsse ebenso geklärt werden wie die Parkplatzprobleme.

 

Der Mix habe sich nicht geändert, meint die CDU

Winter sieht den Streit zwischen Kultur und Kommerz gelassen: „Natürlich ist unser Interesse, dass die Wagenhallen für öffentliche Veranstaltungen, die das Kulturleben bereichern, zur Verfügung stehen. Die ersten Monate brächten „Erfahrungen, auf die wir reagieren können“. Sauer sagt, der Mix ändere sich gegenüber früher nicht.

SPD-Fraktionschef Martin Körner überraschte, dass mit der Schule über die abendliche Nutzung von deren Parkplätze verhandelt werden solle. Dies sei bereits im Vorfeld des Baubeschlusses thematisiert worden. Körner erinnerte daran, dass die SPD das Konzept immer kritisch gesehen habe, der Veranstaltungsbereich sei zu groß konzipiert. Auch SÖS/Linke-plus können mit der Kritik nichts anfangen. Sie hatte beim Baubeschluss gegen das Projekt mit dem Hinweis gestimmt, dieser würde gegenüber den Künstlern „unverhältnismäßig begünstigt“. Die Stadt habe „weiß Gott größere Probleme als die Frage, ob Chimperator das Feine-Sahne-Fisch-Filet-Konzert in den Wagenhallen oder einer größeren Location stattfinden lässt“. „Die Zukunft wird zeigen, inwieweit der Kunstbetrieb den ökonomischen Veranstalterinteressen widersteht oder davon verformt wird. Wir stehen auf der Seite der Künstler“, so Stadtrat Thomas Adler.