Osterhase ja, Kaninchen nein: Die Jugendarbeit der Kleintierzuchtvereine im Kreis Ludwigsburg darbt – aber es gibt auch ein Engagement gegen den Trend.

Der Osterhase – gibt es ihn? Kinder können ihm schreiben. Die Adresse lautet Am Waldrand 12 in 27404 Ostereistedt. Wer nicht an den Osterhasen glaubt, dürfte beim flauschigen Verwandten des Feldhasen richtig liegen, dem Kaninchen. Das Kuscheltier wird jedoch in immer weniger Familien heimisch. Folglich beklagen immer mehr Kleintierzuchtvereine einen massiven Mangel an Nachwuchs.

 

Freude ist groß, wenn die Kinder mit Kaninchen kuscheln

Die meisten Versuche in den Vereinen, wieder mehr Kinder und Jugendliche zu gewinnen, scheiterten. „Die Eltern wollen die Verantwortung nicht mehr übernehmen.“ Kai Burkhardt, Erster Vorsitzender des Asperger Kleintierzuchtvereins, hat das als Jugendlicher in der eigenen Familie erlebt. Die Eltern verwehrten ihm den Wunsch. Mit 18 Jahren fing er dann als Volljähriger selbst an, Kaninchen zu halten. Die Freude daran habe er noch heute, Jahrzehnte später. Wenn er etwa sehe, welche Glücksgefühle sein fünfjähriger Sohn entwickele, wenn er ein Tier auf den Arm nehme und es den Freunden zeige, dann seien die Mühen beim Säubern der Verschläge schnell vergessen. Alle drei bis vier Tage bringt Burkhardt den Mist weg. Zwei Kilo pro Tier landen im Biomüll. „Das Problem ist das große Volumen mit dem Stroh.“

In der Zuchtanlage in Asperg tauchen häufig Eltern mit ihren Kindern auf, erzählt Kai Burkhardt. „Das sind aber oft nur einmalige Besuche: Die Kinder sollen die Tiere streicheln können – das war’s dann aber auch.“ Noch vor zehn Jahren habe es mehr Anfragen für die sechs Ställe des Vereins gegeben. Interesse an der Jugendarbeit gebe es im Asperger Verein noch, immerhin beteiligten sich 12 Kinder und Jugendliche, sie werden von Burkhardts Frau betreut. „Früher hat man mehr mit Tieren gearbeitet – heute basteln und spielen wir öfter oder gehen nach Tripsdrill und ins Zeltlager.“

Der Trend: Eltern geben ihre Kinder ab, machen aber selbst nicht mit

Zuwachs hat die Asperger Jugendgruppe schon länger nicht mehr bekommen. Woran das liegt? Kai Burkhardt beobachtet eine generelle Veränderung im Vereinsleben: Viele Eltern seien froh, wenn sie ihre Kinder für ein paar Stunden abgeben könnten, engagierten sich selbst aber nicht. „Das ist der gesellschaftliche Trend.“ Aktionen, um neue Mitglieder zu gewinnen, spare sich der Verein deshalb. Stattdessen pflegen die 38 Mitglieder die Traditionen, die ihnen auch bisher Freude bereitet haben. Und das ist vor allem das Konzert „Rock am Asperg“, das in diesem Jahr am ersten Ferienwochenende vom 28.  bis 30. Juli wieder stattfindet. „Das ist eine Woche harte Arbeit“, erzählt Burkhardt.

Letztlich zahle sich das Kulturevent aus, erklärt der Vorsitzende. Jährlich 600 bis 1000 Gäste finanzierten das Vereinsleben. „Wir müssen unsere Gaststätte und die Zuchtanlage in Schuss halten“, sagt Kai Burkhardt. Allein das Zeltlager für die Jugend koste den Verein jährlich 900 Euro. Hinzu kommen Impf- und Ausstellungsgebühren sowie das Futtergeld bei den Schauen.

Der Kreisvorsitzende betreut in Gemmrigheim eine Jugendgruppe

Die Jugendarbeit ist für die meisten Kleintierzuchtvereine ein echtes Problem. Nur fünf von 22 Vereinen im Kreis Ludwigsburg kommen zu den Sitzungen der Kreisjugend im Züchterverband. Das Ei des Kolumbus, also ein Patentrezept, hat niemand gefunden. Und so ist der Kreisvorsitzende Thorsten Kellermann bemüht, zumindest die Jugendarbeit bei ihm in Gemmrigheim zu beleben. Auch er will erst mal das Interesse am Miteinander wecken. Dass Nutztiere in den Familien kaum noch eine Rolle spielen, bedauert er: „Allein schon wie man ein Kaninchen hochhebt, geschweige denn, wie man den Stall säubert – das sind für viele Menschen heute böhmische Dörfer.“ Die früher vorhandene Wissensweitergabe vom Großvater bis zum Enkel sei abgebrochen.

Auch wenn der Trend in den meisten Kleintierzuchtvereinen rückläufig ist – es gibt auch absolute Lichtblicke. Thorsten Kellermann erzählt zum Beispiel vom Besuch der Zuchtschauen. Er freue sich schon auf die Kreisschau im Oktober in Kornwestheim, die er mit den etwa 25 Kindern und Jugendlichen besuchen wolle. „Wir überlegen, ob wir im Verein Kaninchen einer Rasse anschaffen, damit sich jemand mit den Kinder gemeinsam darum kümmern kann“, sagt der 48-Jährige, der beruflich als technischer Einkäufer in einer Firma arbeitet. Schön sei auch das Zusammentreffen mit anderen Kindern und Jugendlichen im Landeszeltlager.

Das Ostereiersuchen ist für die Jugendgruppe jedes Jahr ein Höhepunkt

Ein absolutes Highlight zelebriert der Gemmrigheimer Nachwuchs aber am Ostersamstag. Dann verstecken die Kinder aus Kellermanns Gruppe Ostereier im Wald bei der Zuchtanlage. Auf die Suche gehen rund 250 Kinder: von der Krabbelgruppe bis zur 4.  Klasse des Ortes. „Das ist ein großer Spaß, den immer die Gemeinde finanziert. Viele Familien kommen und sitzen bei Roter Wurst und später bei Kaffee und Kuchen in der Zuchtanlage zusammen.“ Eine Gaudi sei auch das Kükenschlüpfen im benachbarten Walheim. Das organisiere der Kleintierzuchtverein dort am Ostermontag.

Woher kommt das Ostereiersuchen?

Eiersuche
Der Brauch, vom Osterhasen gelegte Eier zu suchen wie am Ostersamstag in Gemmrigheim, entwickelte sich im 17. Jahrhundert im evangelischen Raum wohl als Gegenstück zur Eiersegnung in den katholischen Kirchen am Ostersonntag, berichtet das Münchener Kirchenradio. Erste Belege stammten aus dem Elsass und der Pfalz. Eine Ostereiersuche soll im Garten von Goethes Landhaus in Weimar 1783 dokumentiert sein. Dass der Hase die Ostereier versteckt, wurde mit der Schnelligkeit erklärt.

Tiere
Das Kirchenradio berichtet noch von anderen Bräuchen. So werden die Eier in manchen Regionen von anderen Tieren gebracht: in der Schweiz vom Kuckuck, in Westfalen vom Fuchs, in Thüringen vom Storch. In Oberbayern und Österreich habe die Henne die Ostereier gebracht. In diesen Gegenden habe sich auf dem Land der Brauch des Osterhasen erst allmählich im vergangenen Jahrhundert durchgesetzt.