Das Guillain-Barré-Syndrom tritt nur selten auf. Doch in Peru ist es jetzt zu einer regelrechten Erkrankungswelle gekommen. Wir erklären, was es mit dieser Erkrankung auf sich hat und wie sie verläuft.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Wegen einer ungewöhnlichen Häufung von Fällen einer sehr seltenen Nervenerkrankung hat die Regierung Perus einen dreimonatigen Gesundheitsnotstand erklärt. Seit Januar seien in dem südamerikanischen Land 182 Fälle des sogenannten Guillain-Barré-Syndroms erfasst worden, teilte das Gesundheitsministerium bereits mit. Vier der Betroffenen seien gestorben. 31 Patienten seien noch im Krankenhaus, die restlichen 147 wieder entlassen worden.

 

Was ist das Guillain-Barré-Syndrom?

Das Guillain-Barré-Syndrom (das L im Vornamen wird übrigens mit ausgesprochen: Gilɛ̃ Barree, abgekürzt wird es GBS) ist eine Nervenerkrankung, die oft mit Kribbeln und Taubheitsgefühl beginnt und zu Muskelschwäche und Lähmungserscheinungen führen kann. Durch eine überschießende Autoimmunreaktion werden Nerven geschädigt, so dass sie keine Reize mehr übertragen können.

Gab es in Peru schon einmal eine GBS-Welle?

Das südamerikanische Land mit seinen 34 Millionen Einwohnern wurde bereits 2019 von einer größeren GBS-Welle erfasst. Im Zeitraum vom 20. Mai bis 27. Juli wurden 683 vermutete oder bestätigte GBS-Fälle festgestellt, wie es in einer 2020 im Fachblatt „Emerging Infectious Diseases“ vorgestellten Analyse heißt. Als wahrscheinlichste Ursache galten Infektionen mit Campylobacter jejuni, einem Bakterium, das zu Durchfallerkrankungen führt.

In Französisch-Polynesien folgte 2013/14 eine Häufung von GBS-Fällen auf eine Zika-Virus-Infektionswelle.

Wodurch wird GBS verursacht?

Das Guillain-Barré-Syndrom wird durch eine Autoimmunreaktion verursacht. Voraus geht häufig eine Erkrankung der oberen Atemwege (Grippe oder Erkältung) oder des Magen-Darm-Trakts – zum Beispiel eine Infektion mit Campylobacter-Bakterien. Auch Dengue- und Zika-Virus können Auslöser sein. Aber auch nach einer Operation, einer Covid-19-Infektion oder einer Impfung können die Beschwerden auftreten.

Erkrankte Patienten müssen so schnell wie möglich in einer Klinik behandelt werden, da sich die Symptome rasch verschlimmern können.

Wie häufig ist GBS?

Nach Angaben des Bundesverbandes GBS-Vereinigung treten jedes Jahr weltweit bei etwa zwei von 100 000 Menschen derartige Lähmungserscheinungen auf, die meist nach einer Virusinfektion entstehen. Bezogen auf Deutschland sind das rund 1600 Erkrankungen jährlich.

Wie lange halten die Lähmungserscheinungen bei GBS an?

Die Nervenschwäche verstärkt sich innerhalb einiger Tage bis Wochen und geht dann allmählich von selbst zurück oder verschwindet. Wird die Störung behandelt, kommt es in der Regel zu einer schnelleren Heilung.

Nach einigen Tagen setzt dann die Erholung ein. Die Muskelkraft, die Empfindungen (Sensibilität) und Organfunktionen von Herz, Lunge, Drüsen, Harnblase und Darm kehren langsam zurück.

Nimmt diese Schwäche für länger als acht Wochen zu, ist das kein Anzeichen eines Guillain-Barré-Syndroms, sondern einer sogenannten chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP), einer Sonderform der Nervenerkrankung.

Was hat GBS mit Polyneuropathie zu tun?

Nach Angaben des MSD-Manual, einem der wichtigsten Medizinbücher für Diagnostik und Therapie, ist das Guillain-Barré-Syndrom eine Form von Polyneuropathie, bei der es zu Muskelschwäche kommt.

Zur Info: Als Polyneuropathie bezeichnet man Erkrankungen des peripheren Nervensystems – also Nerven, die außerhalb des Gehirns und Rückenmarks liegen, wie etwa in den Armen oder Beinen.