Der Autozulieferer Bosch will seinen Beschäftigten mehr Flexibilität bieten – etwa durch mehr Möglichkeiten zur Heimarbeit. Das sieht eine neue Betriebsvereinbarung vor. Auch für die Produktion sollen passende Arbeitszeitmodelle entwickelt werden.

Stuttgart - Auch in der Vergangenheit haben Mitarbeiter des Zulieferers Bosch von zu Hause aus gearbeitet. Doch dafür benötigten sie die Zustimmung des Vorgesetzten – und in etlichen Abteilungen „haben sich die Chefs stur gestellt“, erläutert Alfred Löckle, der Gesamtbetriebsratschef die Ausgangslage. Künftig muss der Mitarbeiter zwar immer noch mit seinem Vorgesetzten abstimmen, wann er wo arbeitet, aber jetzt gibt es klare Regeln für die Arbeit von zu Hause und von unterwegs. „Die Vorgesetzten dürfen mobiles Arbeiten nur aus stichhaltigen Gründen ablehnen“, so Löckle.

 

Dies sieht eine Betriebsvereinbarung vor, die die Geschäftsführung von Bosch mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossen hat. Christoph Kübel, in der Bosch-Geschäftsführung für das Personal zuständig, begrüßt die Entwicklung: „Bei Bosch entwickeln wir uns von einer starren Präsenzkultur weiter, hin zu mehr Flexibilität und Ergebnisorientierung.“ Dies mache Bosch als Arbeitgeber gerade für die jüngere Generation attraktiv. Zudem trage es zu Kreativität und Ideenreichtum der Mitarbeiter bei, fügte er hinzu.

Die Regelung gilt seit Februar 2014 für alle 107 000 Mitarbeiter in Deutschland. Nun soll sie Schritt für Schritt an den einzelnen Standorten umgesetzt werden. Allerdings werden für Beschäftigte in der Produktion, deren Arbeitszeit nicht zuletzt wegen der durchgetakteten Schichtpläne unflexibel ist, separate Lösungen gesucht.

Ausgangspunkt für die Vereinbarung sei eine Umfrage der IG Metall unter den Bosch-Beschäftigten Anfang vergangenen Jahres, schreibt die Gewerkschaft in einer Mitteilung. Darin habe sich mehr als die Hälfte der Befragten dafür ausgesprochen, die Arbeitszeit stärker an persönliche Bedürfnisse anzupassen. Auch künftig gilt nun Montag bis Freitag als Regelarbeitszeit – gleichgültig ob der Beschäftigte im Büro oder von unterwegs arbeitet. Der Samstag könne aber auf freiwilliger Basis als Ausgleich für die Freizeit während der Woche genutzt werden; Zuschläge werden dann natürlich nicht fällig. Zudem gelten die tariflichen und gesetzlichen Bestimmungen zu Höchstarbeitszeit und Pausen unverändert. Der Mitarbeiter erfasst selbst die Zeiten für die von ihm erbrachten Leistungen.

„Schon heute loggen sich Beschäftigte regelmäßig von zu Hause ins Computersystem ein. Die Betriebsvereinbarung stellt sicher, dass diese Arbeit nun erfasst und auch bezahlt wird“, so Löckle. Dafür sei aber ein hohes Maß an Selbstorganisation nötig, damit die zusätzliche Flexibilität nicht Mehrarbeit zur Folge habe, gibt der Bosch-Gesamtbetriebsratschef zu bedenken. Welchen Umfang die mobile Arbeit – also außerhalb des Büros – heute bei Bosch hat, konnten weder Löckle noch ein Unternehmenssprecher sagen. Dies werde nicht zentral erfasst, hieß es.

Die getroffene Vereinbarung habe an Produktionsstandorten wie in Stuttgart-Feuerbach (Dieselsysteme) heftige Debatten ausgelöst, so Löckle, denn Fertigungslinien und Flexibilität schließen sich aus. Die einzelnen Arbeitsplätze an den Linien, die die Produkte durchlaufen, müssen stets besetzt sein. Mehr Flexibilität dabei könnte die zunehmende Automatisierung (Stichwort: Industrie 4.0 ) bringen.

Allerdings ist dies ein Zukunftsprojekt. Spielräume für den einzelnen Beschäftigten in der Produktion könnte aber eine Art Springersystem schaffen. Vereinfacht ausgedrückt sollen dann Beschäftigte, die keiner bestimmten Maschine fest zugeordnet sind, Beschäftigte ersetzen, die kurzfristig zu Hause bleiben wollen. Entscheidungen darüber gebe es nicht, so Löckle. An verschiedenen Standorten würden derzeit unterschiedliche Lösungen getestet.