Klimakrise ist überall, auch auf der Theaterbühne. Wie sich eine junge Aktivistin fühlt, zeigt das Theaterhaus in seiner neuen Schauspielproduktion „Wer lange wartet, stirbt“.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

„Wer lange wartet, stirbt“ heißt der Monolog einer jungen Klimaaktivistin, den Katja Schmidt-Oehm mit Brigitte Luik fürs Theaterhaus inszeniert. Er ist das erste Bühnenstück der jungen Autorin Karina Wasitschek und als Auftragsarbeit für das Theater Lindenhof entstanden. Premiere in Stuttgart ist am 27. September, es spielt Esrah Ugurlu.

 

Frau Schmidt-Oehm, Sie inszenieren mit Brigitte Luik ein Stück zur Klimakrise. Haben Sie keine Sorge, dass die Menschen nicht auch noch im Theater damit konfrontiert werden wollen?

Diese Frage haben wir uns auch gestellt. Schließlich ist das Thema überall angekommen, sogar in der Werbung. Und ja: Nachrichten über Klimakatastrophen drücken auch privat auf die Seele. Doch wir hatten Lust darauf, das wichtige Thema nicht nur über Fakten, sondern auf einer persönlichen und sinnlichen Ebene auf eine Art zu erzählen, die jeden auffordert, sich dazu zu verhalten. Es geht auch um globale Gerechtigkeit und Verantwortung.

Wie gelingt das in „Wer lange wartet, stirbt“?

Wir waren lange auf der Suche nach einem passenden Bühnentext, der authentisch und direkt erzählt und mit dem wir uns identifizieren können. Dabei ist uns die Aggressivität aufgefallen, die aktuell Aktivistinnen und Aktivisten entgegenschlägt. Hier setzt der Monolog von Karina Wasitschek an, der jungen Menschen aus der Seele spricht: Er legt das Innenleben einer Aktivistin offen, um zu zeigen, dass sie aus innerer Notwendigkeit heraus handelt. Sie will, dass wir wachbleiben und die Krise nicht ignorieren.

Katja Schmidt-Oehm Foto: TH/Regina Brocke

Ein Monolog – das ist sicherlich nicht nur für die Schauspielerin Esrah Ugurlu herausfordernd, sondern auch fürs Publikum…

Richtig, aber diese Frau steht exemplarisch für die radikalen Klimaaktivisten. Sie steht alleine da, weil sie sich in Gesprächen mit Freunden mit ihrer Position isoliert fühlte. Erst im Kreis der Klima-Aktivisten kann sie das überwinden. Die Autorin, die im Aktivistenumfeld geschätzt wird, ist eine junge Studentin; der Monolog, eine Auftragsarbeit für das Theater Lindenhof, ist ihr erstes Bühnenstück und will auch zeigen: Ich stehe hier, ihr dort. Warum stehen wir nicht alle auf einer Seite und führen einen Dialog?

Eine Straßenblockade löst vor allem Wut-Monologe bei den von ihr Betroffenen aus. Bietet das Stück Lösungsansätze?

Ja, auch darum geht es. Für sich hat die junge Frau die Lösung gefunden, sich zu engagieren. Und sie spricht an, dass die Dinge im Großen geschehen müssen, um nicht alle gegeneinander aufzubringen. Sie ist sehr schlau, gut informiert und weiß, dass es auf ihre Fragen konkrete Antworten von Experten gibt, von denen alle lernen können. Warum ist es für uns einfacher, uns das Ende der Welt vorzustellen als das Ende des Kapitalismus? Auch das ist eine Frage, die sie stellt.

Im Regie-Tandem: Brigitte Luik Foto: TH/Bak

Welche Hoffnungen verbinden Sie mit der Inszenierung?

Sie soll Verständnis für die Dringlichkeit des Themas wecken und dafür sensibilisieren, was junge Menschen durchmachen. Viele der Aktivisten begeben sich persönlich in finanzielle Schwierigkeiten, tun aber etwas für uns alle. Vielleicht entscheidet sich jemand aus dem Publikum dazu, bei der nächsten Klima-Demo mitzulaufen. Wir wollen das Stück in einer gekürzten Form in Schulen spielen und im Theater über die Inszenierung hinaus die Möglichkeit bieten, sich zu treffen und zu informieren.

Info

Termin
Karina Wasitscheks Monolog hat am 27. September um 20.15 Uhr in der kleinen Theaterhaus-Halle T4 Premiere. Karten auch für die weiteren Vorstellungen bis 21. Oktober gibt es online oder telefonisch unter 0711/40 20 7-20 / -21 / -22 / -23.

Person
Katja Schmidt-Oehm, 1967 in Stuttgart geboren, kam als Regieassistentin zum Theater und gehört seit 1994 zum Schauspiel-Ensemble des Theaterhauses. Sie ist auch in Filmproduktionen wie „Otomo“ zu sehen. Nach dem Kinderstück „Lahme Ente, blindes Huhn“ ist „Wer lange wartet, stirbt“ ihre zweite Regiearbeit; die Inszenierung erarbeitet Kaja Schmidt-Oehm mit Brigitte Luik.