Die Staatskanzlei öffnet wieder Teile des Neuen Schlosses für Besucher. Vielleicht kommt noch mehr.

S-Mitte - Einmal einen Blick in das Amtszimmer des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann werfen? Einmal das Deckenfresko ansehen, das die Legende des Aeneas zeigt, oder den ehemaligen Thronsaal erkunden, in dem momentan immer dienstags der Ministerpräsident, Minister und Staatssekretäre zur Kabinettssitzung zusammenkommen. Das Staatsministerium will den Bürgern diese Gelegenheit bieten und öffnet den Mitteltrakt des Neuen Schlosses von Dezember an wieder für Führungen. Diese werden in unregelmäßigen Abständen angeboten, je nachdem, wie es der Belegungsplan des Schlosses zulässt. Zum Auftakt am 7. Dezember wird Winfried Kretschmann persönlich die Führung übernehmen und voraussichtlich auch die eine oder andere Anekdote aus dem Politikbetrieb in den herrschaftlichen Gemäuern erzählen.

 

Bis 2012 hatte es an 36 Tagen im Jahr Schlossführungen gegeben. Mit der Sanierung des Landtags und der damit verbundenen Konsequenz, unter anderem das Neue Schloss für den Politikbetrieb zu nutzen, wurden die Führungen zunächst eingestellt. Dies sollte bis zum Ende der Bauzeit gelten, die noch etwa zweieinhalb Jahre dauern wird. Eine lange Zeit – zu lange, wie das Staatsministerium nun entschieden hat. „Das Interesse der Bürger an dem Neuen Schloss ist groß, und wir möchten auch den Politikbetrieb sichtbar machen“, sagt Arne Braun, der stellvertretende Regierungssprecher.

Die Diskussion ums Bürgerschloss hat den Anstoß gegeben

Nicht zuletzt hat die Diskussion über das Bürgerschloss nach dem Konzept von Johannes Milla von der Agentur für Kommunikation im Raum zu der Entscheidung beigetragen, das Neue Schloss für die nächsten Jahre nicht vollständig für die Öffentlichkeit zu verschließen. „Das Bürgerschloss war der Anlass darüber nachzudenken“, sagt Braun. „Die Führungen sind der erste Schritt. Und wenn ein Schritt gemacht ist, muss ja irgendwann auch der zweite Schritt folgen.“

Grundsätzlich, sagt der stellvertretende Regierungssprecher, stehe das Staatsministerium den Plänen von Milla „sehr positiv gegenüber“. Insbesondere die Öffnung des Durchgangs zum Akademiegarten unterstützt das Staatsministerium. „Der Akademiegarten ist momentan ein toter Platz, der belebt werden könnte“, sagt Braun. Doch sowohl der Durchgang als auch alle anderen Punkte des Konzepts wie ein Café, ein Politiklabor für Schulklassen und eine Motz- und Schimpfecke müssten behördenübergreifend abgestimmt werden – auch mit dem staatlichen Betrieb Schlösser und Gärten, der das Schloss verwaltet und die Führungen anbieten wird.

Für diese übergreifende Abstimmung wurde nach einem Treffen zwischen Johannes Milla und Winfried Kretschmann eine Arbeitsgruppe gegründet. Die Gruppe berät darüber, ob das Bürgerschloss verwirklicht werden kann.

Die Führungen soll die Neugier der Bürger stillen

Ob eine Umsetzung realistisch ist, will Arne Braun offen lassen. „Letztlich ist alles eine Frage der Logistik und der Kosten“, sagt er. Eine Realisierung des Konzept während der Jahre, in denen neben den zahlreich stattfindenden Veranstaltungen und Empfängen, auch Politik im Neuen Schloss betrieben wird, ist unwahrscheinlich.

Dafür aber die Führungen, welche die Neugier der Bürger darauf, wie es im Inneren des Neuen Schlosses aussieht, stillen sollen. Die Räume, die besichtigt werden können, liegen auf zwei Ebenen im Mitteltrakt. Das ovale Zimmer mit den abgehängten Decken erinnert kaum mehr an den ehemaligen Thronsaal und wurde als Lager genutzt, bis das Kabinett einzog. Nur das Gemälde von Herzog Carl Eugen erinnert daran, wer hier einmal regiert hat.

Die Eingangshalle, der Treppenaufgang und der Marmorsaal sind prunkvoll ausgestattet und erinnern an die Zeit, als das Schloss für den Herzog gebaut wurde. Der Mitteltrakt und der Gartenflügel wurden 1949 errichtet. Ein echtes Original aus dem Jahr 1964 finden die Besucher in dem Torbogen, unter dem man bei Aufstieg der Treppe hindurchgeht. Er wurde im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört.