In einem Seniorenheim am Niederrhein bricht mitten in der Nacht ein Feuer aus. Für vier Bewohner kommt jede Hilfe zu spät. Die Ermittler haben einen Verdacht, wie es zu dem Brand kommen konnte.

Bedburg-Hau - Feuer, Ruß und Retter, die in höchster Not Fenster einschlagen: Bei einem Brand im niederrheinischen Bedburg-Hau sind 4 Bewohner eines Seniorenheims gestorben. 21 Menschen wurden verletzt und in Krankenhäuser gebracht, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten.

 

Die Feuerwehr berichtete von "dramatischen Szenen der Rettung", die sich in dem Ort nah an der Grenze zu den Niederlanden abgespielt hätten. Etliche Menschen konnten die Einsatzkräfte dabei noch in Sicherheit bringen. Ein 71 Jahre alter Bewohner steht im Verdacht, das verheerende Feuer fahrlässig verursacht zu haben.

Viele Bewohner mussten evakuiert werden

Bei den Toten handelt es sich nach Angaben der Behörden um zwei 50 und 74 Jahre alte Frauen sowie um zwei 66 Jahre alte Männer, die in der Residenz gewohnt hatten. Zu den Verletzten wurden 3 schwer und 15 leicht verletzte Bewohner gezählt. Zudem seien ein Feuerwehrmann, ein Polizeibeamter und eine Angestellte der Residenz leicht verletzt worden. In einer ersten Einschätzung am Morgen war die Polizei zunächst sogar noch von mehr Verletzten ausgegangen. 46 weitere Menschen seien evakuiert worden.

Das Feuer brach vermutlich in einem Zimmer des Seniorenheims aus und griff von dort auf weitere Räume über. Die Staatsanwaltschaft in Kleve nahm dazu entsprechende Ermittlungen auf. "Diese richten sich gegen einen 71-jährigen Bewohner, der verdächtig ist, den Brand fahrlässig verursacht zu haben", teilte sie mit. Weitere Angaben werde man vorerst nicht machen - es gelte die Unschuldsvermutung.

Bewohner mit einer psychiatrischen Vorgeschichte

Die Feuerwehr war nach Angaben eines Sprechers um 3.50 Uhr durch die automatische Brandmeldeanlage alarmiert worden. Ein Zimmer habe vollständig in Brand gestanden, berichtete er. Im Flur sei zudem so viel Rauch gewesen, dass man die Bewohner nicht auf diesem Weg habe retten können. Das machte die Sache komplizierter. "Fenster wurden eingeschlagen, die Leute wurden heraus gereicht", sagte der Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr Bedburg-Hau zu den dramatischen Minuten. "Es ist auch nicht ein Standard-Pflegeheim. Hier sind auch Bewohnerinnen und Bewohner mit einer psychiatrischen Vorgeschichte, die gar nicht verstanden haben, was denn überhaupt passierte", sagte er.

Die ersten Schilderungen deuteten schnell darauf hin, dass das Feuer in einem relativ begrenzten Bereich ausgebrochen war, sich dann aber ausbreitete und viel Rauch entwickelte. Wer nach dem Brand von der Straße auf das Gebäude schaute, konnte die Brandspuren zunächst gar nicht sehen. Das änderte sich aber bei einem Blick in das Innere - dort sah man Ruß an Wänden und auf dem Boden. Daneben eilig zurückgelassene Rollstühle, Rollatoren und Pantoffeln. Am Vormittag lag noch Brandgeruch in der Luft. Das Feuer selbst hatten die Einsatzkräfte allerdings relativ schnell in den Griff bekommen.

Trauer und Anteilnahme

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte am Brandort: "Da ist so ein kleines Feuer in einem Raum. Und plötzlich sind Menschenleben vorbei." Das mache traurig. "Das haut einen um." NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) schrieb auf der Onlineplattform X (vormals Twitter): "Diese Tragödie ist einfach schrecklich und fasst einen an." Als die Leichensäcke weggebracht wurden, legten Mitarbeiterinnen vor dem Heim Blumen auf sie.

Nach Angaben der Feuerwehr ist das Haus nicht mehr bewohnbar. Bewohner wurden mit Bussen in zwei Senioreneinrichtungen in Goch und in Kleve gebracht. Für Angehörige wurde ein Bürgertelefon eingerichtet. 

Der Betreiber des Seniorenheims erklärte, oberste Priorität sei nun, den Betroffenen in jeder erdenklichen Weise beizustehen und sie unterstützen. "Selbstverständlich kooperieren wir eng mit Polizei und Feuerwehr, um den tragischen Vorfall aufarbeiten und die genaue Brandursache zu ermitteln", hieß es in einem Statement. Die Brandschutzmaßnahmen in allen Einrichtungen des Betreibers würden aber "regelmäßig überprüft und entsprechen den geltenden Sicherheitsstandards".

Brände in Pflegeheimen haben immer wieder schlimme Folgen. Als es im Januar 2023 zu einem Feuer in einem Pflegeheim für psychisch Erkrankte in Reutlingen (Baden-Württemberg) kam, starben drei Menschen. Eine psychisch kranke Frau hatte ihr Bettzeug angezündet. Ebenfalls zu einem Brand mit drei Toten war es im September 2022 in einem Altenheim in Wardenburg bei Oldenburg (Niedersachsen) gekommen.

Patientenschützer mahnt Verbesserungen beim Brandschutz an

Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz nahm den tragischen Vorfall in Bedburg-Hau zum Anlass, um Verbesserungen beim Brandschutz anzumahnen. "Die Zahl der Brände in Pflegeheimen bleibt auf einem konstant hohen Niveau, allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres hat es 26 Mal gebrannt", erklärte der Stiftungsvorstand. 

Er fordert eine gesetzliche Pflicht, nach der jedes Patienten- und Personalzimmer mit selbstständigen Löschanlagen ausgestattet werden müsste. Die meisten Bewohner könnten sich nun mal nicht selbst in Sicherheit bringen. "Sprinkleranlagen könnten hier Leben retten und Sachschäden deutlich minimieren", sagte Brysch. "Was in Möbelhäusern und Lagerhallen seit Langem Standard ist, muss auch in Pflegeheimen gelten."