Nachdem schon Anfang Februar der Betrieb von Bussen und Bahnen in Stuttgart und Esslingen einen Tag lang blockiert wurde, macht die Gewerkschaft weiter Druck. Für Mittwoch ruft Verdi in beiden Städten erneut zum Warnstreik auf.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Die Gewerkschaft Verdi ruft für Dienstag und Mittwoch zu einem weiteren Warnstreik im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) auf – am Dienstag in Karlsruhe und Baden-Baden sowie am Mittwoch in Stuttgart und Esslingen. Die jüngste Aktion hatte am 2. Februar stattgefunden. Verdi rechnet erneut damit, dass in den vier Städten keine Busse und Bahnen der bestreikten kommunalen Betriebe fahren.

 

In der Zwischenzeit war die zweite Verhandlungsrunde erfolglos geblieben – der Kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV) hat nach Verdi-Angaben am 5. und 6. Februar für die rund 6500 Beschäftigten kein Angebot vorgelegt.

Verdi und KAV machen sich gegenseitig Vorwürfe

Verdi-Verhandlungsführer Jan Bleckert sagt zu Vorhaltungen des KAV, der der Gewerkschaft maßlose Forderungen und einen unverantwortlichen Umgang mit dem Streikrecht vorgeworfen hat: „Wenn wir einen Tag streiken, belastet das Fahrgäste einen Tag – wenn Tausende Fahrerinnen und Fahrer aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen fehlen und deswegen ständig Fahrten ausfallen, belastetet das die Fahrgäste jeden Tag.“ Verantwortung für den ÖPNV und die Verkehrswende zu übernehmen heiße, mit der Gewerkschaft ernsthaft über ein Paket an Maßnahmen zu reden, das die Attraktivität der Berufe ausreichend steigere.

Die Gewerkschaft fordert in dieser sogenannten Manteltarifrunde unter anderem eine volle Anrechnung der Arbeitszeiten bei Verspätungen und von bisher unbezahlten Wegezeiten im Betrieb sowie eine grundsätzliche Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit. Ausgerechnet der Fahrdienst habe bisher keine Schichtzulage, obwohl die Beschäftigten in diesem Bereich zu unterschiedlichen und belastenden Zeiten den täglichen Dienst beginnen oder beenden würden. Eine dritte Verhandlungsrunde ist für den 5. und 6. März vereinbart.

Arbeitgeber zeigen sich vom Verdi-Verhalten enttäuscht

Nach dem Treffen Anfang Februar sprach auch die KAV-Verhandlungsführerin Stephanie Schulze von zwei „ernüchternden Gesprächsrunden“. Verdi beharre auf seinen Maximalforderungen, die so von den Kommunen nicht finanzierbar seien. Der KAV habe konkrete Angebote unterbreitet, erschwerte Arbeitsbedingungen stärker zu belohnen und für Entlastungen – etwa bei der Veränderung von Zeitzuschlägen – zu sorgen. „Bei der Entgeltordnung, bei der Schichtlänge oder bei Zuschlägen für Samstagsarbeit haben wir Verbesserungen in Aussicht gestellt.“ Darauf sei die Gegenseite aber nicht eingegangen.

„Außer der Forderung, Gewerkschaftsmitglieder besser zu stellen, gibt Verdi nicht zu erkennen, wo der Schwerpunkt der Gespräche liegen soll“, ergänzte die KAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvana Donath. Stattdessen würden die bekannten Forderungen neu verpackt und in veränderter Reihenfolge vorgetragen. Die Arbeitgeber wollten eine schnelle Einigung erzielen. „Stattdessen hat man den Eindruck, die nächsten bundesweiten Streiks sind bereits fest im Terminkalender von Verdi eingeplant.“

Gehaltssprung von gut 4000 auf 5200 Euro angepeilt?

Mit dem Zuschlag aus dem Tarifkompromiss für den Öffentlichen Dienst von April 2023 steige das durchschnittliche Bruttogehalt im Fahrdienst zum März dieses Jahres bereits von rund 3600 auf mehr als 4000 Euro – im Durchschnitt um 11,5 Prozent. Der aktuelle Verdi-Katalog in den aktuellen Manteltarifverhandlungen sehe einen weiteren Anstieg auf 5200 Euro vor, betont der Arbeitgeberverband. Das Forderungspaket würde beim Entgelt Kostensteigerungen in Höhe von mehr als 30 Prozent mit sich bringen, heißt es.

Erneuter Warnstreik in Reutlingen

In Reutlingen wird am Mittwoch zudem im privaten Omnibusgewerbe gestreikt. Weil der Arbeitgeberverband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO) die Beschäftigten beim Thema betriebliche Altersvorsorge aus Verdi-Sicht hinhält, hatte die Gewerkschaft schon am 7. Februar beim Reutlinger Stadtverkehr (RSV) zu einem ersten Warnstreik aufgerufen. Diese Verhandlungen seien bei der vorigen Tarifrunde mit dem WBO fest vereinbart worden, argumentiert Verdi. Betroffen seien rund 9000 Fahrerinnen und Fahrer.