Er sagte zu, obwohl der VfB, wie Geschäftsführer Ulrich Schäfer jammerte, „arm war wie eine Kirchenmaus“. Die Vertragsunterschrift wurde begossen in einem Spätlokal namens Moulin Rouge – und als der Kellner mit der zweiten Flasche Schampus winkte, lotste Schäfer den VfB-Boss erschrocken aufs Klo und fragte: „Gerd, hosch du no Geld im Sack?“ Wen die zwei angepumpt haben, weiß bis heute keiner.

 

Bevor der VfB die zweite Liga eroberte, musste er aber noch durch den Tiefpunkt seiner Vereinsgeschichte, das 2:3 gegen den SSV Reutlingen vor 2500 fassungslosen Augenzeugen. In den Katakomben des Neckarstadions ahnte Mayer-Vorfelder am Abend jenes historisch wertvollen 22. Mai 1976: „Wenn ich künftig noch Freikarten verschenke, riskiere ich Beleidigungsklagen.“ Der VfB beendet die Saison in den Abgründen der zweiten Liga. Platz elf.

Dann fing Sundermann an. Der neue Trainer war kaum älter als seine jungen Wilden Karlheinz Förster (17) und Hansi Müller (18) zusammen, und in sein VfB-Konzept „Jugend forscht“ passte auch der Schwabenpfeil. Dieter Hoeneß, der große Blonde, war kein Pelé. Als Torjäger hatte ihn der VfB vom VfR Aalen geholt, aber bald sagte Vizepräsident Gerd Renz: „Vielleicht kann man einen Vorstopper aus ihm machen.“ Fußballästhetisch betrachtet war Hoeneß kein ungetrübtes Vergnügen, und eines Tages verriet mir sein Mitspieler Dietterle: „Wenn du mit dem Dieter Doppelpass spielen willst, musst du ihn anschießen.“ Als es anderntags in der Zeitung stand, war der Teufel los, und vermutlich hat uns Hoeneß nur deshalb nicht verklagt, weil es die Wahrheit war.

Das wusste auch Sundermann. Aber vor allem wusste er, was an Kraft und unbändigem Willen in Hoeneß steckte. Und wie er ihn zur Höchstleistung kitzeln konnte. Sundermann war ein Schlitzohr. Einmal, in der Saison nach dem Aufstieg, nahm er mich am Ärmel und verriet mir brühwarm: „Lassen Sie meinen Namen weg, aber der Hoeneß braucht dringend eine Pause.“ Ich schreibe es dankbar, und im nächsten Spiel gegen 1860 München fehlt Hoeneß tatsächlich. Bei Halbzeit steht es 0:1. Hoch motiviert läuft sich Hoeneß warm, wird eingewechselt, dreht das Spiel, Endstand 3:1 – und in der Pressekonferenz sagt Sundermann: „Dieter gab die richtige Antwort auf die übertriebene Kritik in der Zeitung.“