Beim Pferdehandel auf dem Marktplatz haben am Vormittag die Tiere mehr Raum als die Menschen, die bei strahlendem Sonnenschein dicht gedrängt Vierbeiner beäugen – und kaufen. Viele Händler beim historischen Kern des Leonberger Pferdemarktes sind zufrieden. Und für ein kleines Shetlandpony wird sich manches ändern.

Kleinkind streichelt Shetlandpony, Shetlandpony wiehert, Kleinkind sucht Zuflucht bei seiner Mutter. So läuft das kurz nach 9 Uhr vor dem Rathaus beim kleinen Hengst Flo (anderthalb Jahre) und seinen sechs Kollegen. Flo, der kleinste, soll 700 Euro kosten, sagt die Pferdehändlerin aus Saarlouis. Aber sie ist skeptisch: „Derzeit haben die Leute andere Probleme als Pferde.“ Und der Vater des Kleinkindes bemerkt zu den kleinen, braunen Farbtupfern auf dem Leonberger Marktplatz hinter Flo: „Das sind aber überschaubare Pferdeäpfel.“

 

Gegenüber, vor dem Hörgerätegeschäft Kind, stehen hingegen kurz nach 10 Uhr die Tinker-Pferde aus Irland mit ihren behaarten Beinen schon in einer intensiv riechenden Exkremente-Suppe. 4000 bis 6500 Euro sollen sie kosten, sagt ihre Verkäuferin, und dass sie besonders zum Therapiereiten und zum Kutschenfahren geeignet seien. In der Klosterstraße kommentiert unterdessen ein Preisrichter straßab, straßauf geführte Ponys, die auch mal „antraben“ sollen: „Der Charakter scheint in Ordnung zu sein“, bescheinigt er einem Tier. Sein Urteil über ein anderes Pferd lautet: „Was mir gefällt: Das zweieinhalbjährige Ponyle ist sehr gelassen. Das spricht für den guten Charakter des Tiers.“ Und dann fallen einem von Flos kleinen Shetland-Kollegen zur Freude der handyzückenden Touristinnen aus Ostasien ein paar dampfende Rossknödel aus dem After auf die Straße.

Redewendungen aus dem Pferdegeschäft

Wer sich gegen 11 Uhr auf dem Marktplatz herumtreibt, wo der Raum für Nichtpferde immer enger wird, der versteht mithin die Wortwahl des Mannes aus dem Pferdebusiness besser, der im Stadtcafé einer Kollegin erklärt, dass seine Mitarbeiter entweder schnell freundschaftliche Verhältnisse untereinander aufbauen oder aber gehen würden: „Wenn die Andrea auch weg ist, dann ist die Kacke am dampfen“, sagt er.

Draußen scheint jetzt die Sonne, stellenweise riecht es nach Ferien auf dem Bauernhof, und der Leierkastenspieler, der in Stuttgart meistens ignoriert wird, überreicht spendenden Kindern Gummibärchen. Untermalt von seinen Klängen hört man Besucher-Dialoge wie diesen (übersetzt aus dem Schwäbischen): „Auch unterwegs?“ „Ja, sicher.“ „Alleine?“ „Sie muss arbeiten.“

Der Handschlag hat auch Nachteile

Beim Haflinger-Spezialisten aus Tuttlingen – einem von einem halben Dutzend Händler, die insgesamt 84 Tiere zum Leonberger Pferdemarkt angemeldet haben – verleiht unterdessen ein eher lose interessierter Interessent seiner Verwunderung darüber Ausdruck, dass ein Tier 3800 Euro kostet: „Für 1500 oder 2000 Euro gibt es diese Tiere wahrscheinlich nicht mehr?“, mutmaßt der Mann. „Die würde ich sehr gerne einkaufen“, sagt der Händler, der mitunter auch Tiere für 12 000 Euro anbietet. Ja, auf dem Leonberger Pferdemarkt würden Geschäfte tatsächlich noch per Handschlag getätigt, erzählt er. Leider komme es mitunter jedoch vor, dass es sich ein Käufer über Nacht noch einmal anders überlegt.

Gegen 12.30 Uhr, eine halbe Stunde vor Schluss, hat der Händler aus Tuttlingen vier seiner sieben Pferde verkauft und sagt, er sei „sehr zufrieden“. Sein Kollege aus Riedlingen konnte für vier seiner zehn Pferde Abnehmer finden. „Wir sind mit Schwarzwurst aufgewachsen, da ist man einfach zufrieden zu stellen“, bekundet er. Er kommt seit 50 Jahren auf den Leonberger Pferdemarkt. Dass man dort, so wie früher, alle Pferde verkaufen könne, das gebe es heute nicht mehr, erzählt er.

Und kurz vor 13 Uhr diskutieren eine Mutter und ihre Tochter aus Pforzheim, die schon vier Pferde besitzen, mit der Pferdehändlerin aus Saarlouis über die Zukunft des kleinen Hengstes Flo. Es geht um seine Kastration und um Logistik – wer wann mit welchem Anhänger wohin fährt. Kurz bevor der Pferdemarkt schließt, werden sie sich einig, und die Saarländerin hat das dritte ihrer acht Pferde verkauft. Ihre Tochter werde Flo „Kunststückchen“ beibringen, sagt die Pforzheimerin.