Während man von Sommersteinpilzen im Schwäbischen Wald regelrecht überschwemmt wurde, könnten die Bedingungen aktuell bessere sein, um Pilze zu finden. Wir geben Tipps, an welchen Orten die Chancen steigen und worauf man achten sollte.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Der erste Fund wäre tödlich. Sachte dreht Professor Manfred Krautter am Stil des hellgrünen Gesellen, der da aus dem Moos ragt, und zieht ihn aus dem Boden. „Diesen Pilz muss jeder Sammler kennen“, sagt der Experte: grünliche Farbe, ein Stilring, Manschette genannt, die Lamellen immer weiß, nicht am Stiel angewachsen und eng stehend, ein graugrüner Stil. Es handelt sich um Amanita phalloides, den grünen Knollenblätterpilz.

 

„Hier sieht man die auffällige weiße Knolle“, sagt der Naturparkführer und deutet auf das runde Ende unten am Stil. Und mit welchem Speisepilz könnte man den verwechseln? „Die Merkmale sind eindeutig. Den kann man nicht verwechseln, wenn man sich auskennt“, sagt Krautter und hält sich den Pilz noch unter die Nase: „Riecht süßlich und wie ein muffiger Keller.“ Dennoch komme es immer wieder vor, dass unerfahrene Sammler den Giftpilz für einen Champignon halten – diese Verwechslung kann tödlich enden.

Krautter legt den Pilz beiseite und macht sich auf eine kleine Tour durch ein Waldstück im Herzen des Schwäbischen Waldes. Dort gibt es an diesem Tag zwar einige interessante Pilze zu entdecken, der Korb für ein mögliches Abendessen bleibt jedoch vergleichsweise leer. Dennoch ist der Streifzug lehrreich und für die große Pilzausstellung am Wochenende 7. und 8. Oktober in Großerlach-Grab ist ja noch ein bisschen Zeit. Da hoffen die Beteiligten, zu denen auch Krautter zählt, auf ausreichend Pilzfunde in den kommenden Tagen. „Es sollte noch ein bisschen mehr regnen“, sagt er und hofft, dass die nächsten Tage mehr Feuchtigkeit zu bieten haben. Wer sich ebenso auf die Suche machen möchte, dem gibt der Pilzsachverständige noch ein paar Tipps mit an die Hand.

Welche Ausrüstung und Vorbereitung ist beim Pilzesammeln erforderlich? Zum Pilzesammeln benötigt man idealerweise einen breiten Pilzkorb, bei dem Pilze möglichst nebeneinander liegen, ohne dass sie gequetscht werden, und der eine gute Luftzirkulation ermöglicht. Eine Stofftasche oder ein Netzbeutel aus atmungsaktivem Material eignen sich nur notfalls. Von Plastiktüten rät Manfred Krautter absolut ab: „Da schwitzen die Pilze nur und werden leicht zerdrückt, da bringt man schnell Matsch mit nach Hause.“ Zudem braucht man ein scharfes Messer und ein aktuelles Bestimmungsbuch.

Eignen sich Handy-Apps zur Suche? Von vermeintlichen Pilzerkennungsprogrammen auf dem Handy hält der Experte wenig: „Einer App würde ich mein Leben nicht anvertrauen.“ Nicht nur das Erscheinungsbild und die Haptik spielten eine Rolle, auch der Geruch sei wichtig beim Bestimmen. „Manche Pilze riechen nach Fenchel, nach Dampflok, stechend scharf oder nach warmer Butter“, sagt Krautter. Unbedingt sollte man nur diejenigen Pilze mitnehmen, die man einwandfrei bestimmen könne.

Wo sollte man Pilze suchen? Grundsätzlich kann man sagen: In einem alten, gesunden Mischwald sind die Chancen auf eine große Vielfalt am besten. Pilze gedeihen oft unter Laubbäumen, in feuchten Wäldern oder in der Nähe von Mooren und in Wiesen. Ideal sind alte Bauernwälder, die wenig bewirtschaftet werden. Und auch ein Bachlauf in der Nähe kann nicht schaden. Der hält den Boden feucht, das mögen die Pilze. Mindestens so wichtig ist, dass es in den Tagen zuvor ausreichend geregnet hat und die Temperaturen mild waren.

Welche Sorten eignen sich für Neulinge? Zwar sind Steinpilze und Pfifferlinge im Grunde relativ leicht zu bestimmen, aber auch sie haben Doppelgänger wie den falschen Pfifferling oder den Gallenröhrling, die man nicht essen sollte und sogar giftig sind. „Anfänger sollten besser mit jemandem auf die Pilzsuche gehen, der sich gut genug auskennt, um die Pilze einwandfrei zu bestimmen.“ Es gebe immer wieder Führungen und Kurse, die für Anfänger und Fortgeschrittene angeboten werden. Infos gibt es im Naturparkzentrum Murrhardt.

Einen gefundenen Pilz – rausdrehen oder abschneiden? „Da scheiden sich die Geister“, sagt Krautter. „Wenn man sich ganz sicher ist, um welchen Pilz es sich handelt, kann man ihn abschneiden.“ Manche Pilze ließen sich aber eindeutig nur dann identifizieren, wenn man sie herausdreht und ganz anschaut. „Die Knolle des Knollenblätterpilzes zum Beispiel sieht man nur, wenn man ihn aus dem Boden dreht und nicht abschneidet.“

Wie viele Pilze darf man mitnehmen? Pro Tag und Nase darf man in Baden-Württemberg ein Kilo Pilze sammeln, sagt der Fachmann. In manchen Regionen Deutschlands sollte man Pilze aufgrund der noch immer vorhandenen Strahlenbelastung nicht sammeln; beispielsweise sind in manchen Regionen von Bayern die Pilze noch immer stark radioaktiv belastet, aufgrund des Reaktorunglücks von Tschernobyl. Die meisten Pilze in unserer Gegend sind unbedenklich in Bezug auf Schwermetalle und Strahlenbelastung. Dennoch ist es ratsam, Pilze aus nicht verschmutzten Gebieten zu sammeln und diese vor dem Verzehr gründlich zu waschen und zu kochen.

Wie bewahrt man den Fund zu Hause auf? Pilze können im Kühlschrank in einer Papiertüte oder einem Papiertuch aufbewahrt werden, um überschüssige Feuchtigkeit aufzunehmen. Plastiktüten und – Behälter sollten vermieden werden. Pilze sollten immer zeitnah verarbeitet werden. Steinpilze eigneten sich ideal zum Trocknen. Das geht im Ofen, auf einer Schnur aufgefädelt in der warmen Zugluft oder mit Hilfe eines Dörrautomaten. Getrocknet sind sie lange haltbar und können germörsert als Pulver verwendet werden oder, indem man sie in Flüssigkeit einweicht – beispielsweise für ein Steinpilzrisotto. „Dann sollte man die Flüssigkeit gleich mit verwenden.“

Können Pilze roh gegessen werden? „Pilze bestehen größtenteils aus Chitin, einem schwer verdaulichen Gerüsteiweiß. Sie sollten daher mit wenigen Ausnahmen vor dem Verzehr mindestens zehn Minuten gekocht oder gebraten werden, auch um unerwünschte Mikroorganismen abzutöten. Viele essbare Pilze enthalten thermoinstabile Giftstoffe, die erst beim Kochen zerstört werden. Pilze wie Champignons, Shiitake, Austernpilze oder Kräuterseitling können roh verzehrt werden, bei größeren Mengen liegen jedoch auch sie schwer im Magen.

Ausstellungen, Führungen und Pilzbestimmung

Pilzausstellung
  Die große Pilzausstellung des Schwäbischen Waldes findet vom 7. bis 8. Oktober in der Schwalbenflughalle, Wiesenstraße 5, in Großerlach-Grab statt. Neben den bekannten Exemplaren werden auch unbekannte Vertreter verschiedener Gattungen präsentiert, in vergangenen Jahren bis zu 250 verschiedene Pilzarten. Die Besucher haben auch die Möglichkeit, mitgebrachte Pilze bestimmen und begutachten zu lassen. Auch dieses Jahr lädt der Pilzexperte  Manfred Hennecke zu Pilzführungen ein. Sowohl am Samstag, als am Sonntag um 14 Uhr. Die Führungen dauern je zwei Stunden und kosten pro Person 5 Euro. Start und Ziel ist die Schwalbenflughalle. Die Teilnehmerzahl ist pro Führung auf 20 Teilnehmer begrenzt, weshalb zur rechtzeitigen Anmeldung vor Ort geraten wird (Windhundprinzip).

Pilzreich
Zudem vom 3. bis 30 Oktober ist die Landschaftsaustellung „Pilzreich Schwäbischer Wald“ am Fußweg von Großerlach-Grab zum Römerturm am Heidenbuckel zu sehen, ehe sie nach Welzheim in den Stadtpark umzieht.