Joachim Lautensack ist ein wortmächtiger Kritiker der Polizeireform in Baden-Württemberg. Nun zieht der Polizeigewerkschafter vor Gericht, weil er bei der Vergabe der Spitzenposten scheiterte – er hatte sich selbst um ein Präsidentenamt beworben.

Stuttgart - Joachim Lautensack ist am Donnerstag in Deckung gegangen. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft im Beamtenbund (DPolG) wollte sich zunächst nicht zu seiner Klage gegen das Innenministerium äußern – aufgrund der Fülle der Anfragen, wie er mitteilen ließ. Zuvor indes hatte das Verwaltungsgericht Karlsruhe den Eingang von Lautensacks Beschwerde bestätigt. Darin wendet sich der Polizeigewerkschafter in einem Eilverfahren gegen die Vergabe der Spitzenpositionen in den künftigen Großpräsidien – und dagegen, dass er mit seinen eigenen Bewerbungen scheiterte.

 

Im Zuge der Polizeireform werden die bisherigen vier Landespolizeidirektionen sowie die 37 bestehenden Polizeidirektionen sowie Polizeipräsidien zu zwölf regionalen Präsidien verschmolzen. Wie zu erfahren war, hatte sich Lautensack auf mehrere Präsidenten- und Vizepräsidentenstellen (Besoldungsgruppen B3 und B2) beworben, war aber von Innenminister Reinhold Gall (SPD) nicht berücksichtigt worden. Lautensack tat sich in der Vergangenheit als lautstarker Kritiker der Polizeireform hervor. Auch zur Besetzung der Führungspositionen äußerte er sich nach der Bekanntgabe der neuen Präsidenten im Sommer vernichtend: Die Personalauswahl habe „mehr mit einer Belohnungsaktion als mit einer sonst für Spitzenfunktionen üblichen Bestenauslese“ zu tun, rügte Lautensack. Die künftige Polizeiführung werde nach „rein politischen Gesichtspunkten neu aufgestellt“.

Wie alle anderen Grundsatzentscheidungen der Polizeireform seien auch diese „hinter verschlossenen Türen ausgehandelt“ worden. „Vertrauensbildung und Transparenz gehen anders.“ Seine eigenen, vergeblichen Bewerbungen machte der Reformkritiker und Leitende Polizeidirektor Lautensack allerdings auch nicht transparent. Tatsächlich gilt sein Verhältnis zu Innenminister Gall wegen des Dauerstreits über die Polizeireform als zerrüttet. Jüngst ließ sich Lautensack mit dem Satz zitieren: „Ich finde inzwischen niemand mehr, der etwas von dieser Reform hält – außer denen, die einen Chefposten erhalten.“

Ministerium weist Vorwürfe zurück

Dabei wurde Lautensack, der seinen Laufbahn als Streifenbeamter begann, in seinen Karriereerwartungen keineswegs enttäuscht. Er arbeitete sich nach oben in den höheren Dienst und fungiert seit 2001 als Vorsitzender des Hauptpersonalrats der Polizei – und ist damit vom allgemeinen Polizeidienst freigestellt. Dennoch ging es auf der Hierarchieleiter weiter voran. 2010 wurde er zum Leiter der Wasserschutzpolizei des Landes bestellt. Eine Funktion, die er aufgrund der Freistellung als Personalrat aber keineswegs ausübt. Das beim Regierungspräsidium Karlsruhe angesiedelte Amt versieht in Vertretung ein Polizeidirektor. Die Frage, ob Lautensack bei einer Ernennung zum Polizei(vize)präsidenten, wäre er zum Zuge gekommen, nicht nur angenommen, sondern auch ausgefüllt hätte, konnte – siehe oben – leider nicht gestellt werden.

Das Innenministerium weist die Vorwürfe übrigens zurück. Bei den Polizeipräsidenten handele es sich um direkt dem Innenministerium nachgeordnete Ämter, deren Träger ernannt würden – wie etwa die Präsidenten des Landeskriminalamts oder des Verfassungsschutzes auch.