Nach 17 Jahren quittieren die beiden Herberts aus Halle den Dienst beim „Polizeiruf 110“. Die Schauspieler Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler sind Garanten der Entschleunigung gewesen. Am Sonntag ermitteln sie zum letzten Mal: „Laufsteg in den Tod“.

Stuttgart - Falls sich beim MDR jemand vorgenommen hat, die altgedienten Recken vom „Polizeiruf“, Schmücke und Schneider, mit einem richtig guten Film in den Ruhestand zu verabschieden, dann ist das leider schiefgelaufen. „Laufsteg in den Tod“, am kommenden Sonntag im Ersten, ist im Gegenteil ein Rückfall in frühere Zeiten, als die beiden Herberts aus Halle stets für Entschleunigung sorgten.

 

Vor drei Jahren hat immerhin Isabell Gerschke als Oberkommissarin Nora Lindner frischen Wind mitgebracht: eben weil die neue Figur die eingespielten Mechanismen unter den Platzhirschen durcheinander brachte, weil sie als junge Kollegin andere Interessen und Fähigkeiten besaß – und weil sie eine Frau war. Die ersten Geschichten waren gleich von anderem Kaliber, erst recht, wenn sie Gerschkes Kapital nutzten. Die Schauspielerin ist schließlich nicht mal halb so alt wie Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler. Einer der besten Filme war „Blutige Straße“ (2011), als sich Lindner in einen Staatsanwalt verliebte, der sich als Schurke entpuppte. Schon allein die erotische Inszenierung war für einen Sonntagskrimi ungewöhnlich, was angesichts des Alters vieler Kommissare nicht überrascht – auch in dieser Hinsicht bereicherte Gerschke den „Polizeiruf“ um ein buchstäblich reizvolles neues Element.

Der gleiche Film verdeutlichte ein weiteres Manko der Krimis aus Halle: Jaecki Schwarz, schon zu Defa-Zeiten ein Star, fehlte stets ein Partner auf Augenhöhe. Der brave Wolfgang Winkler mühte sich redlich, vielleicht lag’s auch an den Drehbüchern, die ihn immer ein bisschen verhungern ließen, aber Esprit oder Charisma entwickelte er in der Rolle nie. Deshalb blühte Schwarz regelrecht auf, wenn er – etwa mit Henry Hübchen in „Blutige Straße“ – einen ebenbürtigen Gegenspieler hatte.

Betulich sind sogar die Verfolgungsjagden

Deshalb ist es völlig in Ordnung, dass der fünfzigste Fall der Hauptkommissare Schmücke und Schneider auch ihr letzter ist. Am Ende verabschieden sie sich nach 17 Fernsehdienstjahren in die verdiente Rente. Vorher haben sie es noch mit einem Haufen junger Hühner zu tun: Während eines Model-Wettbewerbs wird eine Frau vergiftet. Prompt wirkt der Krimi, als hätten sich die in Würde ergrauten Ermittler in eine Folge von „Germany’s Next Topmodel“ verirrt: Eifersucht und Missgunst sind die vorherrschenden Gefühlsregungen.

Außerdem darf Thomas Rath mitwirken, der Mode-Designer, der Heidi Klum bei der Frage unterstützt, welche der „Mädchen“ am Ende jeder Ausgabe ein Foto bekommen. Im „Polizeiruf“ verkörpert er nun einen Stylisten, der selbstredend längst nicht so unschuldig ist, wie er tut. Da er im Grunde die gleich Rolle spielt wie bei der Pro-Sieben-Castingshow, kann man ihm nicht mal vorwerfen, dass sein darstellerisches Talent überschaubar ist. Bei den jungen Damen fällt die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit größer aus, was gerade den emotionalen Szenen einen Großteil ihrer Wirkung nimmt. Trotzdem mutet es schon seltsam an, wie die ARD auf jüngere Zuschauer spekuliert. Kürzlich durfte schon Klums Laufstegtrainer Jorge Gonzalez in der Vorabendserie „Zwischen den Zeilen“ mitspielen.

All das wäre zu verschmerzen, wenn der Regisseur Hans Werner – er hat mit Peter Gust auch das Drehbuch geschrieben – ein größeres Tempo vorlegen würde. Die Handlung plätschert aufregungslos vor sich hin, selbst die Verfolgungsjagden sind der dramatischen Musik (Kat Kaufmann) zum Trotz von einer bemerkenswerten Betulichkeit. Auch wenn’s makaber klingt, aber man wartet geradezu auf den nächsten Mord, damit der Krimi ein bisschen Würze bekommt. Immerhin ist die Auflösung der Geschichte durchaus überraschend: Zunächst sieht es selbstredend so aus, als wäre einer der Teilnehmerinnen jedes Mittel recht, um eine vielversprechende Konkurrentin aus dem Weg zu räumen. Aber dann führt der Zufall Schmücke über die Grenze ins benachbarte Tschechien. Am Schluss brechen die Hauptfiguren noch in großes Geschrei aus – und dann ist’s endlich vollbracht in diesem „Polizeiruf“ aus Halle.