Nach der Niederlage im Machtkampf mit Martin Winterkorn bleibt Ferdinand Piëch dem Stuttgarter Aktionärstreffen fern. Die Spitzenmänner der Porsche Holding bemühten sich vor dem Beginn der Versammlung dennoch um ein Bild der Harmonie.

Stuttgart - Der mit Spannung erwartete Auftritt blieb auf der Porsche-Hauptversammlung aus. Denn Ferdinand Piëch, der nach der Niederlage im Machtkampf mit VW-Chef Martin Winterkorn zwar als VW-Aufsichtsratschef zurückgetreten ist, aber noch im Aufsichtsrat der Porsche Holding sitzt, sagte die Teilnahme an dem Stuttgarter Aktionärstreffen kurzfristig ab. Winterkorn ist neben seinem Spitzenjob bei VW zugleich Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Holding. Damit fiel das erste öffentliche Zusammentreffen zwischen Piëch und Winterkorn in der Porsche-Arena nach der Niederlage Piëchs aus. Schon an der Aufsichtsratssitzung am Vortag der Hauptversammlung hatte Piëch nicht teilgenommen – ohne Angabe von Gründen, so ein Sprecher des Stuttgarter Unternehmens.

 

Beim Rundgang an den in der benachbarten Schleyer-Halle ausgestellten Autos von Porsche vorbei, bemühten sich die Spitzenmänner der Porsche Holding vor dem Beginn der Hauptversammlung um ein Bild der Harmonie. Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück, der zugleich stellvertretender Aufsichtsratschef der Holding ist, legte Vorstandschef Winterkorn im Gespräch vor einem roten 911 Targa vertraulich die Hand auf die Schulter, Winterkorn klopfte Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche, der ihn im Machtkampf mit Piëch unterstützt hatte, vor einem weißen Cayenne anerkennend auf die Schulter, während Porsche-Chef Matthias Müller die Tür des Geländewagens öffnete und wieder schloss.

Fragen unerwünscht

Fragen der Journalisten zu Piëch waren bei diesem Rundgang eher unerwünscht. Warum hat er abgesagt? „Das ist seine Entscheidung“, antwortete Wolfgang Porsche knapp und versuchte die Journalisten von diesem Reizthema abzubringen. „Als Aufsichtsratsvorsitzender freue ich mich, dass heute mehr als 4000 Aktionäre in die Porsche-Arena kommen“, sagte Porsche und versicherte: „Auch künftig werden wir unsere Verantwortung als Großaktionär für den Volkswagen-Konzern und seine 600.000 Mitarbeiter wahrnehmen.“ Gilt dies auch für Piëch? „Wahrscheinlich ja,“ antwortete der Aufsichtsratschef, was Spekulationen darüber zulässt, ob Piëch sich nach seinem Rücktritt als VW-Aufsichtsratschef auch von seinen Anteilen trennen könnte. Über die Stuttgarter Porsche Holding halten die Familien Porsche und Piëch insgesamt 50,7 Prozent der Stammaktien von VW. Bei der Porsche Holding halten die Familien sämtliche Stammaktien. Die anderen Anteilseigner der Stuttgarter Holding haben stimmrechtslose Vorzugsaktien.

Wie könne denn Winterkorn künftig mit Piëch bei der Porsche Holding zusammenarbeiten, nachdem das Verhältnis der beiden zerrüttet sei, wollte ein Journalist von Winterkorn wissen. Matthias Müller, der im Vorstand der Holding sitzt und zugleich Chef des Autobauers Porsche AG ist, der mittlerweile voll zu VW gehört, grätschte daraufhin zunächst einmal dazwischen: „Wie bisher“. Winterkorn versicherte: „Ich sehe das genauso.“ Er habe schließlich mit Piëch über 30 Jahren erfolgreich zusammengearbeitet, so Winterkorn.

Auf der Hauptversammlung stand der Machtkampf zwischen Piëch und Winterkorn nicht im Mittelpunkt. Überwiegend wurden bei diesem Thema die Leistungen Piëchs angesprochen. Piëch habe sich „unbestreitbare Verdienste“ für den VW-Konzern erworben, meinte etwa Daniel Jenderek von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), ein „unruhiger Geist“ wie Piëch sei unverzichtbar, wenn große Konzerne zusammengehalten und wetterfest gemacht werden sollen, sagte Martin Weimann von der Berliner Verbraucherzentrale für Kapitalanleger. Ein Bremer Aktionär meinte indes, dass der Machtkampf nicht gut für die Mitarbeiter und die Aktionäre gewesen sei und riet Piëch in Anbetracht seines hohen Alters loszulassen und sein Vermögen zu genießen.

Beteiligung an Inrix

Kritische Fragen gab es unter anderem zum Geschäftsmodell der Porsche Holding, deren wichtigster Vermögenswert heute mit Abstand die Beteiligung an VW ist. Daneben soll sie Beteiligungen an Unternehmen rund um die Autoindustrie erwerben. Dies kommt jedoch nicht so recht voran. Im vergangenen Jahr hat die Holding eine erste kleine Beteiligung an dem US-Unternehmen Inrix erworben, das im Bereich der digitalen Vernetzung des Automobils tätig ist und Verkehrsinformationen in Echtzeit anbietet. Daniel Jenderek warf die Frage auf, ob angesichts dieser offensichtlichen Schwierigkeiten bei der Auswahl sinnvoller Beteiligungen im Automobilbereich nicht auch Investitionen in anderen Sparten geprüft werden könnten.

Vorstandschef Winterkorn räumte zwar ein, dass das Engagement bei Inrix angesichts der für Investitionen verfügbaren Mittel „sicher ein eher kleiner Schritt“ sei. Für den Erwerb der Inrix-Anteile hat das Unternehmen 41 Millionen Euro ausgegeben. Die Nettoliquidität lag Ende des vergangenen Geschäftsjahrs bei 2,27 Milliarden Euro. Dennoch will das Unternehmen an der Konzentration auf Investitionen im Bereich der Automobilindustrie festhalten. „Wir arbeiten intensiv daran, weitere Beteiligungen zu erwerben“, sagte Winterkorn.

Im laufenden Jahr strebt die Porsche-Holding laut Winterkorn - ohne die Berücksichtigung künftiger Investitionen - eine Nettoliquidität zwischen 1,7 Milliarden und 2,3 Milliarden Euro an. Ende März dieses Jahres lag sie bei 2,25 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis nach Steuern erreichte im ersten Quartal 870 Millionen Euro. Im ersten Quartal des Vorjahres waren es 728 Millionen Euro.