Alle drei Jahre legt die Prognos AG einen neuen Zukunftsatlas vor, in dem die wirtschaftliche Entwicklung von Städten und Landkreisen abgebildet wird. Der Stauferkreis hat aufgeholt und ist einer der Top-Aufsteiger.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Kreis Göppingen - Rang 137 – auf den ersten Blick ist das kein Spitzenergebnis. Bei 402 Teilnehmern allerdings kratzt man man mit dieser Platzierung am vorderern Drittel. Und, noch wichtiger, im Zukunftsatlas 2013 der Prognos AG ist auch die Entwicklung seit der Studie im Jahr 2010 ein entscheidender Faktor. In dieser Hinsicht rangiert der Landkreis Göppingen, hinter der Stadt Erfurt und dem Kreis Stade, auf Position drei. In Baden-Württemberg ist der Stauferkreis, gefolgt von Reutlingen, sogar der Top-Aufsteiger.

 

Anerkennendes Nicken und so manch staunendes Gesicht gab es aus diesem Grund am Dienstagabend im Uhinger Uditorium, wo der Leiter des Stuttgarter Prognos-Büros, Tobias Koch, das Ranking speziell aus Göppinger Sicht vorstellte. Die Kreissparkasse hatte die Veranstaltung organisiert, um, wie deren Chef Hariolf Teufel erklärte, „die im Mai neu gewählten Kommunalpolitiker über die aktuellen Rahmenbedingungen aus wirtschaftlicher Sicht zu informieren“. So waren denn auch zahlreiche Bürgermeister sowie Kreis- und Gemeinderäte der Einladung gefolgt.

105 Plätze gutgemacht

Tobias Koch hielt sich deshalb erst gar nicht mit Allgemeinplätzen auf, sondern richtete den Fokus schnell auf die lokalen Gegebenheiten. Demzufolge rangiert der Landkreis Göppingen zwar immer noch hinter den Kollegen aus der Region Stuttgart und seinen anderen Nachbarn – hat aber mächtig aufgeholt. Vor allem in den Themenfeldern Arbeitsmarkt, Wettbewerb und Innovation sowie Wohlstand und soziale Lage wurde Boden gut gemacht. Verhindert wurde ein besseres Abschneiden durch Rang 231 im Bereich Demografie. „Dennoch ist es beachtlich, im Zukunftsatlas 105 Plätze gut zu machen“, lobte Koch.

Der Prognos-Experte malte aber mitnichten nur rosa Wolken in den Saal. So sei etwa, gerade was die demografische Entwicklung angehe, der Anteil junger Erwachsener im Stauferkreis, nicht zuletzt durch einen höheren Wegzug als anderswo, leicht unterdurchschnittlich. Auch was den Arbeitsmarkt angeht, der sich insgesamt sehr gut entwickelt hat, sieht Koch Problemfelder: „Es gibt im Kreis Göppingen eine geringere Arbeitsplatzdichte, mehr unbesetzte Ausbildungsstellen, einen negativen Pendlersaldo und weniger hochqualifizierte Beschäftigte als im Schnitt.“

Wolff: Das gibt uns Rückenwind

Dem Regionalökonomen ging es aber in erster Linie nicht darum, auf den Schwächen des Landkreises herumzureiten. So stellte er etwa die Branchenstruktur, die im Filstal hauptsächlich von Maschinenbau und Metallverarbeitung dominiert ist, nicht nur als Nachteil heraus. „Das ist auch eine Stärke, weil, wie die große Zahl von Patentanmeldungen zeigt, der Innovationsgeist sehr groß ist.“ Zudem sei der Beschäftigtenanteil in den Berufsfeldern der Zukunft recht hoch und was Forschung und Entwicklung angehe, gebe es ebenfalls einen Zuwachs, fügte Koch hinzu.

Insgesamt fällt die Prognos-Bilanz positiv aus, da der Kreis Göppingen in den vergangenen Jahren eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung habe verzeichnen können. Wichtige Handlungsfelder werden in einer Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit und in einer Kooperation mit den Nachbarkreisen sowie in einer koordinierten Wohn- und Gewerbeflächenentwicklung gesehen. „Ebenfalls entscheidend ist die Fachkräftesicherung, wobei den Hochschulen eine wichtige Rolle zukommt“, bilanzierte Koch.

Landrat Edgar Wolff verhehlte seine Freude „über den Rückenwind, den uns der Zukunftsatlas gibt“, nicht. Er zeigte anhand eines zwölfteiligen Mosaiks auf, auf welchen Gebieten der Kreis mit einem eigens aufgelegten Entwicklungskonzept schon etwas erreicht hat, wo aber auch weiterhin Handlungsbedarf besteht. Wolff machte zudem deutlich, „dass in dieses Ranking einige Faktoren Eingang finden, auf die wir nur wenig Einfluss haben“. In der folgenden Podiumsdiskussion waren sich die Teilnehmer dann weitgehend einig: Gelingt es dem Landkreis, an seinen Stärken zu arbeiten und diese herauszustellen, wird er zunehmend attraktiver und kann künftig weitere Schritte nach vorne machen.

Perspektiven der anderen Landkreise in der Region

Mit dem Prädikat „Top-Zukunftschancen“ hat die Prognos AG den Kreis Böblingen geadelt, der Platz fünf des Rankings einnimmt. Vor allem mit seiner aktuellen Wirtschaftskraft sowie im Wertungsbereich „Wettbewerb & Innovation“ konnte der Böblinger Raum punkten.

Auf Rang zehn und damit ebenfalls in der Rubrik „Top-Zukunftschancen“ wurde die Landeshauptstadt von den Prognos-Experten eingestuft. Stuttgart profitiert ebenso von starken Wirtschafts- und Innovationsindikatoren.

„Sehr hohe Zukunftschancen“ sieht die Studie für den Landkreis Ludwigsburg der auf Position 16 rangiert. Eine noch höhere Einstufung verhinderten vor allem die Indikatoren im Bereich „Dynamik“, wo Ludwigsburg nur auf den 94. Platz kam.

Auf Rang 25 haben die Erkenntnisse von Prognos den Landkreis Esslingen geführt, dem ebenfalls sehr hohe Zukunftschancen zugesprochen werden. Eine bessere Platzierung blieb den Esslingern aufgrund der demografischen Gegebenheiten versagt.

Nur knapp vor Göppingen, auf Platz 120, ist der Rems-Murr-Kreis positioniert. Auch hier verhinderte vor allem der Faktor Demografie einen besseren Rang. „Zukunftschancen“ sehen die Experten aber dennoch

Kommentar – Kein Ruhekissen

Es ist gut, dass der Kreis Göppingen wirtschaftlich einen Sprung nach vorne gemacht hat. Es ist noch besser, dass ihm dies von außenstehenden und damit unabhängigen Experten bescheinigt wird. Das beste aber ist, dass es der Stuttgarter Prognos-Geschäftsführer Tobias Koch nicht dabei beließ, Lobeshymnen zu singen, als er in Uhingen die Detailergebnisse aus dem Zukunftsatlas 2013 vorgestellt hat. Mit Schmeicheleien allein ist schließlich niemandem gedient.

Deshalb ist das Ranking, in dem der Stauferkreis einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht hat, auch gar nicht entscheidend. Viel wichtiger ist, dass dieser Fortschritt nicht als Ruhekissen, sondern als Wegweiser verstanden wird, den eingeschlagenen Kurs fortzusetzen. Es gibt – und das ist äußerst positiv zu bewerten – Stellschrauben, an denen offensichtlich erfolgreich gedreht wurde. Das hin und wieder belächelte Kreisentwicklungskonzept kann so schlecht also doch nicht sein.

Allerdings dürfen die Verantwortlichen, wie Landrat Edgar Wolff zurecht feststellte, nicht glauben, dass sie auf die Lösung aller Probleme Einfluss nehmen können. Die Auswertung des Zahlenpakets zeigt, dass ihnen vor allem die erfreuliche Entwicklung der Konjunktur und damit des Arbeitsmarkts in die Karten gespielt hat. Deshalb muss weiterhin alles dafür getan werden, gute Voraussetzungen für die Unternehmen und Betriebe zu schaffen, die Infrastruktur zu entwickeln und die sogenannten weichen Standortfaktoren auszubauen. Eine schöpferische Pause, obgleich sie verdient wäre, ist nicht möglich.