Noch kein Abitur in der Tasche, aber schon echte Film-Profis: Fünf Jugendliche aus Bad Cannstatt wollen einen Kurzfilm produzieren. Hauptdrehort ist das schottische Hochland, die Abschlussszene soll aber in einem Stuttgarter Schwimmbad entstehen.

Bad Cannstatt - Ein Außendreh in Schottland, eine eigens für den Film komponierte Melodie und Schauspieler aus Berlin und Glasgow: kaum zu glauben, dass hinter diesem Filmprojekt keine Profis, sondern Jugendliche aus Bad Cannstatt stecken. Jonathan Müller, Julian Dieterich und Timo Kolb kennen sich schon seit der Grundschule und fast genauso lange produzieren sie Filme. Ihr Stop-Motion-Film „hatter“ wurde mit dem Deutschen Jugendvideopreis und dem Jugendfilmpreis ausgezeichnet. Damals gingen die Drei in die Mittelstufe. Inzwischen hat sich die Gruppe um Joel Kaufhold und Chiara Poma vergrößert. Die Fünf sind zwischen 16 und 18 Jahren alt, bis auf Jonathan Müller, der eine Ausbildung macht, besuchen sie alle die elfte Klasse des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums.

 

Homosexualität ist nicht das zentrale Thema des Films

Ihr neustes und professionellstes Projekt heißt „Unterwasser ist es still“. Ein Kurzfilm, den sie im August im schottischen Hochland drehen wollen. Inhaltlich geht es um ein schwules Paar, das während eines Campingurlaubs in eine Beziehungskrise gerät. Homosexualität ist laut Joel Kaufhold aber nicht das zentrale Thema des Films. Es geht um Toleranz, Liebe und die Fähigkeit zu kommunizieren. Während sich der eine nach Nähe sehnt, fühlt sich der andere bedrängt. Dass dem anderen mitzuteilen, gelingt den beiden Männern aber nicht. Untermauert wird der Konflikt durch eine sprachliche Barriere. „Unterwasser ist es still“ ist ein bilinguales Drama. Die Jungschauspieler Filip Roch Januchowski, Student an der Universität der Künste in Berlin, und Laurence Scott vom Royal Conservatoire of Glasgow sprechen verschiedene Sprachen, der eine Deutsch, der andere Englisch.

Es ist das erste Mal, dass die jungen Filmemacher aus Bad Cannstatt Profis engagiert haben. „Bis jetzt haben wir immer selbst geschauspielert“, erzählt Kaufhold. Während sie Januchowski von einem Filmfestival kennen, haben sie Scott per Aushang gefunden. Bei diversen schottischen Schauspielschulen haben sie angefragt, ob diese ihren Aufruf aushängen könnten. „Ausgerechnet bei der Renommiertesten hat es geklappt“, schwärmt Kaufhold. Auch wenn die Schauspieler keine Gage bekommen, sondern später am Gewinn beteiligt werden, fallen für Technik und Unterkunft Kosten an. Rund 3000 Euro seien nötig, sagt Kaufhold. Wobei der 16-Jährige betont, dass das die „absoluten Minimalkosten“ seien. Für noch weniger Geld könne man einen solchen Film nicht machen. Vergleichbare Projekte seien deutlich teurer.

Wer von der Idee überzeugt ist, kann Geld spenden

Die Jugendlichen sparen, wo es geht. Drehbuch, Regie, Schnitt und Vermarktung übernehmen sie selbst. Während sie die Schauspieler in einer Pension unterbringen, schlafen sie auf dem Camping-Platz. Das Geld für das Projekt versuchen sie derzeit über ein Crowdfunding zusammenzubekommen. Auf der Internetseite www.startnext.de stellen sie ihren Film vor. Wer von der Idee überzeugt ist, kann Geld spenden. Als Dankeschön gibt es ein Geschenk. Auch hier stellt die Gruppe ihre Kreativität unter Beweis. Wer 15 Euro spendet, bekommt eine Postkarte aus Schottland. Für 100 Euro darf man sich auf einen von Regisseur Julian Dieterich bestückten Fresskorb mit Haferbrei, einem Schlückchen Whisky und anderen Köstlichkeiten aus Schottland freuen. Kaufhold hofft, dass sie das Geld zusammenbekommen. Wenn alles glatt läuft, soll der Film Ende des Jahres fertig sein. Dann wollen sich die Jugendlichen bei verschiedenen Filmfestivals in ganz Europa bewerben. „Am traumhaftesten wäre natürlich Cannes“, oder auch die Berlinale, meint Kaufhold. Doch das sei Zukunftsmusik, jetzt gehe es erst mal darum, einen guten Film zu machen. Für die fünf Cannstatter könnte es das letzte gemeinsame Projekt sein. Nächstes Jahr steht das Abitur an, und was danach kommt, weiß keiner.

Seinen Titel „Unterwasser ist es still“ verdankt der Film übrigens der Abschlussszene. Als die Männer im Wasser abtauchen, ist es mit der Kommunikation endgültig vorbei. Diese Szene wird aber nicht im schottischen Hochland, sondern in einem Stuttgarter Schwimmbad gedreht.