Seit 35 Jahren gibt es das Projekt „Zeitung an der Schule“, bei dem Schüler und Lehrer gemeinsam Zeitung lesen und darüber diskutieren. Ein Redakteursbesuch in den teilnehmenden Schulklassen ist lehrreich für beide Seiten.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Wie kommt ein Bericht in der gedruckten Zeitung oder in der Onlineausgabe überhaupt zustande? Warum bekommen manche Artikel mehr Platz als andere? Was ist überhaupt seriöser Journalismus, und wie erkenne ich Fake News? All diese Fragen stellen sich Schüler und Lehrer seit 35 Jahren beim Projekt „Zeitung in der Schule“ (Zisch) beziehungsweise „Zeitung in der Grundschule“. Teilnehmende Schulklassen lesen für drei bis sechs Wochen gemeinsam die Zeitung. Zusammen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern sehen sie sich nicht nur die Gestaltung der gedruckten Zeitung an, sondern diskutieren ebenso über das Gelesene. Oft steht auch ein Besuch in der Druckerei auf dem Programm – oder ein Besuch von einem Redakteur an der Schule, der sich den Fragen der Kids und Jugendlichen stellt.

 

Junge Leute nutzen Medien komplett anders als ihre Eltern

In den vergangenen Tagen war es im Schulzentrum Rudersberg und in der Hermann-Hesse-Realschule in Fellbach-Schmiden so weit: Ein Redakteur stand den Viert- beziehungsweise Achtklässlern Rede und Antwort. Sie erfuhren, wie lange es dauert, bis eine Meldung oder eine Reportage auf der Webseite und im Print erscheinen und wie vielseitig der Alltag eines Journalisten ist. Nicht nur die Älteren interessieren sich dafür, wie es denn mit den Arbeitszeiten und dem Gehalt eines Redakteurs aussieht und ob man auch selbstständig arbeiten kann.

Was bei dem Besuch auch deutlich wurde: Die Mediennutzung der jungen Menschen hat mit jener der Generation ihrer Eltern oder Großeltern kaum noch etwas gemeinsam. „Wer von euch ist eigentlich auf Facebook?“ – auf diese Frage meldet sich kein einziger. TikTok, Instagram, Whatsapp, Mund-zu-Mund-Propaganda und Google, damit bleiben die jungen Leute auf dem Laufenden. Eine gedruckte Zeitung gehört bei keinem von ihnen mehr zum täglichen Medienmix. Wobei das klassische Fernsehen nicht ausgedient hat: Mehrere Jugendliche schauen abends die TV-Nachrichten, meistens mit ihren Eltern zusammen.

Umso interessanter ist die Frage, welche Inhalte Grundschüler beziehungsweise Jugendliche begeistern können. Den jüngeren Generationen wird zwar oft ein gewisses Desinteresse unterstellt – doch bei den Schülern in Rudersberg und Schmiden ist davon kaum etwas zu merken. Ganz hoch oben in der Rangliste steht bei beiden Altersgruppen der Sport, besonders natürlich der VfB. Artikel über Tiere stoßen bei Grundschülern und den Älteren gleichermaßen auf Interesse. Und schon bei den Viertklässlern finden sich Kids, die sich ausdrücklich für Politik interessieren.

Wer weiß, ob in ein paar Jahren einer der jungen Zuhörer seine erste Meldung in einer wie auch immer gearteten Zeitung schreibt? Einen Bericht im Zisch-Blog können die Jungs und Mädels, wenn sie wollen, zum Beispiel schon jetzt verfassen und auf das Zeitungsprojekt zurückblicken.