Seit dem Putschversuch vor einem Jahr ließ Erdogan per Dekret 149 Medien schließen und 274 Journalisten festnehmen. Davon sitzen aktuell nach Angaben der Organisation P24, einer „Plattform für unabhängigen Journalismus“, 165 in Haft – mehr als in jedem anderen Land der Erde. Unter ihnen sind der „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel, die deutsch-türkische Übersetzerin Mesale Tolu Corlu und seit vergangenem Dienstag der Menschenrechtler Peter Steudtner.

 

Das „Cumhuriyet“-Verfahren ist nur einer von mehreren Schauprozessen, mit denen Regierungskritiker in der Türkei zum Schweigen gebracht werden sollen. Am 20. Juni begann in Istanbul ein Strafverfahren gegen 17 Journalisten und Intellektuelle. Auch ihnen werden Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen. Zu den Angeklagten gehören der international bekannte Journalist Ahmet Altan und sein Bruder, der Wirtschaftsprofessor und Buchautor Mehmet Altan. Der Vorwurf: Die Brüder sollen in einer TV-Talkshow am Abend vor dem versuchten Coup „unterschwellige Botschaften“ an die Putschisten gesendet haben. Sie sitzen seit zehn Monaten in Untersuchungshaft.

Gegner von Erdogan werden verfolgt

Auf der Anklagebank sitzt auch die Moderatorin dieser Sendung, die 72-jährige Journalistin Nazli Ilicak. Sie arbeitete bis 2013 für die regierungsnahe Zeitung Sabah. Wegen regierungskritischer Artikel im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre Ende 2013 trennte sich die Zeitung von Ilicak. Zum Prozessbeginn sagte Ilicak vor Gericht: „Ich bin über 70 Jahre alt und habe mein Leben lang keine Verbindungen zu religiösen, noch weniger zu einer terroristischen Gruppe unterhalten.“ An die Richter gewandt fragte Ilicak: „Warum sollte ich wollen, dass Fethullah Gülen die Macht in der Türkei übernimmt? Ich verdanke meine Identität der säkularen Republik.“ Die Journalistin bekannte: „Ich bin eine Gegnerin von Erdogan – ist das ein Verbrechen?“

„Cumhuriyet“ gilt seit jeher als Sprachrohr der Kemalisten

Der Prozess soll am 19. September fortgesetzt werden. Die Angeklagten bleiben in Untersuchungshaft. Bei einem Schuldspruch droht ihnen lebenslange Haft. In der Anklageschrift gegen die „Cumhuriyet“-Mitarbeiter wird die Zeitung als eine Art Zentralorgan der Gülen-Bewegung hingestellt – ein absurder Vorwurf, denn das Blatt war seit jeher ein Sprachrohr der Kemalisten. Die sozialdemokratisch-national ausgerichtete „Cumhuriyet“ ist die älteste Tageszeitung der modernen Türkei. Das 1924 gegründete Blatt geht auf den Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk zurück und verteidigt dessen Prinzipien. Dazu gehört vor allem die Trennung von Staat und Religion.

Im September 2016 wurde das Blatt mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. „Cumhuriyet“ beweise, „dass die Stimme der Demokratie nicht zum Schweigen gebracht werden kann“, hieß es zur Begründung – eine Einschätzung, die inzwischen sehr optimistisch erscheint. In den 15 Erdogan-Jahren ist das Land in der Rangliste der Pressefreiheit um 57 Plätze auf Rang 155 von 180 Staaten abgestürzt.

Pressefreiheit zunehmend in Gefahr

Seit dem Putschversuch vor einem Jahr ließ Erdogan per Dekret 149 Medien schließen und 274 Journalisten festnehmen. Davon sitzen aktuell nach Angaben der Organisation P24, einer „Plattform für unabhängigen Journalismus“, 165 in Haft – mehr als in jedem anderen Land der Erde. Unter ihnen sind der „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel, die deutsch-türkische Übersetzerin Mesale Tolu Corlu und seit vergangenem Dienstag der Menschenrechtler Peter Steudtner.

Das „Cumhuriyet“-Verfahren ist nur einer von mehreren Schauprozessen, mit denen Regierungskritiker in der Türkei zum Schweigen gebracht werden sollen. Am 20. Juni begann in Istanbul ein Strafverfahren gegen 17 Journalisten und Intellektuelle. Auch ihnen werden Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen. Zu den Angeklagten gehören der international bekannte Journalist Ahmet Altan und sein Bruder, der Wirtschaftsprofessor und Buchautor Mehmet Altan. Der Vorwurf: Die Brüder sollen in einer TV-Talkshow am Abend vor dem versuchten Coup „unterschwellige Botschaften“ an die Putschisten gesendet haben. Sie sitzen seit zehn Monaten in Untersuchungshaft.

Gegner von Erdogan werden verfolgt

Auf der Anklagebank sitzt auch die Moderatorin dieser Sendung, die 72-jährige Journalistin Nazli Ilicak. Sie arbeitete bis 2013 für die regierungsnahe Zeitung Sabah. Wegen regierungskritischer Artikel im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre Ende 2013 trennte sich die Zeitung von Ilicak. Zum Prozessbeginn sagte Ilicak vor Gericht: „Ich bin über 70 Jahre alt und habe mein Leben lang keine Verbindungen zu religiösen, noch weniger zu einer terroristischen Gruppe unterhalten.“ An die Richter gewandt fragte Ilicak: „Warum sollte ich wollen, dass Fethullah Gülen die Macht in der Türkei übernimmt? Ich verdanke meine Identität der säkularen Republik.“ Die Journalistin bekannte: „Ich bin eine Gegnerin von Erdogan – ist das ein Verbrechen?“

„Cumhuriyet“ gilt seit jeher als Sprachrohr der Kemalisten

Der Prozess soll am 19. September fortgesetzt werden. Die Angeklagten bleiben in Untersuchungshaft. Bei einem Schuldspruch droht ihnen lebenslange Haft. In der Anklageschrift gegen die „Cumhuriyet“-Mitarbeiter wird die Zeitung als eine Art Zentralorgan der Gülen-Bewegung hingestellt – ein absurder Vorwurf, denn das Blatt war seit jeher ein Sprachrohr der Kemalisten. Die sozialdemokratisch-national ausgerichtete „Cumhuriyet“ ist die älteste Tageszeitung der modernen Türkei. Das 1924 gegründete Blatt geht auf den Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk zurück und verteidigt dessen Prinzipien. Dazu gehört vor allem die Trennung von Staat und Religion.

Im September 2016 wurde das Blatt mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. „Cumhuriyet“ beweise, „dass die Stimme der Demokratie nicht zum Schweigen gebracht werden kann“, hieß es zur Begründung – eine Einschätzung, die inzwischen sehr optimistisch erscheint. In den 15 Erdogan-Jahren ist das Land in der Rangliste der Pressefreiheit um 57 Plätze auf Rang 155 von 180 Staaten abgestürzt.