Monatelang haben sich die ARD und einige Verleger wegen der "Tagesschau"-App in den Haaren gelegen. Am Donnerstag startet der Prozess.

Stuttgart - Nach monatelangem Streit zwischen der ARD und einigen deutschen Verlegern ist es am Donnerstag so weit: die „Tagesschau“-App kommt auf den juristischen Prüfstand. Das Landgericht Köln verhandelt eine Klage mehrerer Verlage gegen die bei Usern durchaus beliebte App, die seit ihrem Start im Dezember 2010 gut 2,4 Millionen Mal heruntergeladen wurde.

 

Das Problem: Die „Tagesschau“-App ist für die Nutzer kostenlos – Rundfunkgebühren machen’s möglich. Solch einen Luxus kann sich kaum ein Verlag leisten. Deren Apps sind deshalb in den allermeisten Fällen kostenpflichtig. So werde ein Preisdruck für bereits etablierte journalistische Angebote erzeugt, die nun gegen öffentlich-rechtliche Gratis-Nachrichtenangebote bestehen müssten, klagt der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV).

Acht Verlage klagen

Und es gibt noch ein weiteres Konfliktfeld: Die „Tagesschau“-App besteht zu einem nicht unerheblichen Teil aus Texten – und die Produktion von „nichtsendungsbezogenen presseähnlichen Angeboten“ im Internet gehört dem Gesetz zufolge eben nicht zum Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender. Genau hier setzt die Kritik des BDZV an. „Wir nehmen Anstoß an der textlastigen Berichterstattung in der App. Wir sind überzeugt, dass diese Presseähnlichkeit gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstößt“, sagt der BDZV-Präsident Helmut Heinen.

Macht die „Tagesschau“-App also – eben weil sie kostenlos ist und genau wie Apps etwa von Printmedien Inhalte in Textform anbietet – den Markt für andere, kostenpflichtige Nachrichten-Apps kaputt? Nimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk anderen Medien in diesem sehr zukunftsträchtigen Markt gar die Kunden weg? Acht Verlage, darunter die Herausgeber der „Süddeutschen Zeitung“, der „Bild-Zeitung“, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, der „Rheinischen Post“ und der „Welt“, sagen Ja und haben im Juni Klage bei der Wettbewerbskammer des Landgerichts Köln eingereicht.

Mehr als zwanzig Stunden Videos pro Tag

Die öffentlich-rechtlichen Sender indes halten dagegen. Sie betonen, dass Internetangebote notwendigerweise aus einer Kombination von Text, Bild und Ton bestünden und dass die „Tagesschau“-App immerhin mehr als zwanzig Stunden Videos pro Tag enthalte. Die bloße Verwendung von Texten mache ein Angebot per se nicht presseähnlich. Umgekehrt könne man laut der Öffentlich-Rechtlichen viel mehr den Eindruck gewinnen, dass die Verlagshäuser mit ihren Web-TV-Angeboten fernsehähnlich seien. Außerdem biete die App nur das gleiche Material, das auch im Internet auf www.tagesschau.de zu finden sei. Rolf Schwartmann von der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht sieht das aber anders. „Das Problem ist aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht von der Hand zu weisen“, sagt er. „Denn hier steht eine Bezahl-App gegen eine kostenfreie App ähnlichen Inhalts. Nimmt man den Rundfunkstaatsvertrag ernst, hat man Schwierigkeiten, den nicht sendungsbezogenen Textangeboten der ARD auf mobilen Endgeräten Legitimation zuzusprechen.“

Wie der Prozess ausgeht, ist noch völlig offen, immerhin hat es eine solche Klage noch nie gegeben. Die ARD-Vorsitzende Monika Piel signalisiert jedoch im Vorfeld des Prozesses schon mal Gesprächsbereitschaft: „Unabhängig von dem vor uns liegenden Prozess sind wir in der ARD aber weiterhin bereit, die Gespräche mit den Verlegern wieder aufzunehmen“, sagt sie. „Das haben wir bereits mehrfach signalisiert. Ich denke, wir sind da aktuell auch auf einem guten Weg.“