Nach einer fast zwei Jahre währenden Pause gibt es wieder neue Folgen von „Raus aus den Schulden“. Peter Zwegat darf endlich wieder praktische Lebenshilfe leisten.

Berlin - Es hat die Menschen schon immer gereizt, Blicke in die gute Stube der Nachbarn zu werfen. Das Fernsehen hat sich das von Anfang an zunutze gemacht; eine der ersten deutschen Serien war 1954 „Unsere Nachbarn heute abend – Familie Schölermann“ (1954). Das Privatfernsehen gestaltet ganze Programmstrecken damit, bei Hempels unters Sofa zu schauen. Die meisten Formate befriedigen dabei vor allem Neugier und Sensationslust, und schon deshalb ist „Raus aus den Schulden“ etwas ganz Besonderes.

 

Außerdem entspricht der Protagonist Peter Zwegat überhaupt nicht dem üblichen RTL-Klischee. Der Schuldnerberater mit den kurzgeschorenen Haaren und den kantigen Gesichtszügen ist in diesem Jahr 65 geworden und versucht im Unterschied zum Großteil der sonstigen Fernseh-Prominenz keineswegs, krampfhaft jünger zu wirken. Das muss er auch nicht, denn Seriosität gehört bei ihm ebenso selbstverständlich zum Repertoire wie der unvermeidliche Aktenkoffer. Diese öffentlich-rechtliche Ausstrahlung macht ihn im Umfeld des RTL-Programms fast zum Paradiesvogel, brachte ihm aber Nominierungen für den Grimme-Preis und den Deutschen Fernsehpreis ein.

Peter Zwegat kann durchaus sehr ironisch und witzig sein, doch seine Berufung steht für ihn immer im Vordergrund; deshalb ist „Raus aus den Schulden“ im Gegensatz zu anderen Privatfernsehformaten dieser Art auch kein Elendstourismus, sondern der ehrliche Versuch, in Not geratenen Menschen zu helfen. Der Berliner war nach seinem Sozialpädagogik-Studium 13 Jahre lang Sozialarbeiter, eher er 1987 zu einer gemeinnützigen Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle in Kreuzberg wechselte. Dieser Tätigkeit geht Zwegat immer noch nach, mittlerweile allerdings im Stadtteil Friedrichshain; sein Fernsehjob ist bloß eine Nebentätigkeit.

Ganz praktische Lebenshilfe

Nach knapp zwanzig Monaten Pause startet RTL an diesem Montag eine Staffel mit neuen Folgen von „Raus aus den Schulden“. Selbst der seriöse Zwegat konnte jedoch nicht verhindern, dass die Fälle, um die er sich kümmern muss, im Lauf der Jahre immer extremer geworden sind. Auch deshalb kam es nicht zum Grimme-Preis – denn während Zwegats Rolle zwar sehr positiv beurteilt wurde, gab es Kritik an der Entwicklung des Formats: Offenbar reicht es nicht mehr, dass die Klienten Schulden haben. Mitunter sind die Schicksale derart dramatisch, dass man sie in einem Fernsehfilm als völlig übertrieben empfinden würde.

Zwegat ist dann nicht bloß als Schuldnerberater, sondern auch als Sozialpädagoge gefragt. Immerhin profitieren nicht nur die Betroffenen von seiner praktischen Lebenshilfe, sondern auch die Zuschauer. Aus Zwegats Sicht steht ohnehin stets der praktische Nutzen im Vordergrund. In der Ausgabe vom 3. August zum Beispiel geht es ausschließlich um Risiken beim Häuserkauf, diese Folge findet er besonders spannend. Damit man die Einschätzung nicht als Eigenlob missversteht, fügt er umgehend hinzu: „Aber jeder Krämer lobt seine eigene Ware!“.

Im Unterschied zu diversen TV-Kollegen aus dem Beratungsgewerbe nähert sich Zwegat seinen Klienten ausdrücklich unvoreingenommen, weil er weiß, wie leicht es ist, unverschuldet in eine missliche Lage zu geraten; Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Trennung vom Partner sind seiner Erfahrung nach die Hauptursachen für solche Situationen. Der große Zuspruch, den „Raus aus den Schulden“ von Anfang an erlebte, hat vermutlich auch statistische Gründe: Laut Zwegat ist mindestens jeder zweite deutsche Haushalt verschuldet. Das eigentliche Problem sei jedoch die Überschuldung, also der faktische Bankrott, wenn klar sei, dass die Menschen ihre Schulden nicht mehr tilgen können: „Dann ist sozusagen dicke Luft im engen Tunnel“.

In solchen Momenten könne man leicht in die Obdachlosigkeit abrutschen. Es sei denn, man bekommt Hilfe von Peter Zwegat, der sich auch durch großen Optimismus auszeichnet: „Die meisten Fälle sind nicht hoffnungslos“. Viele Schuldner hatten allerdings übersteigerte Erwartungen, aber Wunder könne auch er nicht bewirken: „Es ein immer harter und weiter Weg bis nach oben.“ Damit es gar nicht erst so weit kommt, rät Zwegat allen Zuschauern, den Überblick über die Finanzen zu behalten. Sein Lieblingsspruch: „Viel zu viele Leute kaufen mit Geld, das sie nicht haben, Sachen, die sie nicht brauchen, um Menschen zu imponieren, die sie nicht mögen.“