Dietrich Mateschitz ist Multimilliardär eigener Prägung. Am Sonntag könnte der Red-Bull-Erfinder den Formel-1-Weltmeister stellen. Ein Portrait.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)
Salzburg - "Nonkonformismus", sagt Dietmar Beiersdorfer, wenn man von ihm wissen möchte, was womöglich der Wunderpunkt bei Red Bull sei. Oder, wie sagt man? Das Geheimnis. Lasst uns anders sein als die anderen! Nonkonformismus also. Beiersdorfer spricht den Begriff derart schnell und das schwierige Wort so selbstverständlich aus, als repetiere er die erste Standardformel aus dem Firmenkatechismus von Dietrich Mateschitz, den die meisten Angestellten bei Red Bull nur "den Chef" nennen. Man darf aber ruhig einen anderen Gott neben ihm haben.

Dietmar Beiersdorfer ist 47 Jahre alt. Er war nach seiner Fußballerkarriere, die er als gebürtiger Franke hauptsächlich beim HSV bestritten hat, in Hamburg weiter als Manager beschäftigt, lange Jahre lang. Seinen neuen Arbeitgeber hat er im letzten Sommer zum ersten Mal als Nonkonformisten erlebt, als der im Salzburger Hangar 7 - zufällig im Besitz von Dietrich Mateschitz - mit ihm essen war, um ihn zum "Head of Global Soccer" bei Red Bull zu machen. Beiersdorfer leitet von Salzburg aus, wo der örtliche Verein vor fünf Jahren kurzerhand bullisiert wurde, drei weitere Klubs (RB Brasil, RB Leipzig und RB New York), dazu zwei Fußballakademien, eine ist in Ghana. Global mächtiger geht es auf der Fußballleitungsebene kaum. Aber dazu später.

Ein Mann für Win-Win-Situationen


Für Hangar 7 und das Restaurant in direkter Flughafennähe werden Sterneköche aus aller Welt jeweils für einen Monat eingeflogen, ausgesucht von Eckhard Witzigmann, in den Siebzigern der Erfinder eines neuen Geschmacksgefühls in Deutschland, Österreicher natürlich. Witzigmann will weniger berühmte Namen als technisch haarsträubend schwierige Konzepte, die aufgehen, als ob es sich um Milchreis handle. Die größte Herausforderung ist, dass die Küchenbrigade immer nahezu identisch bleibt und innerhalb von 24 Stunden umstellen muss von nativstem Japan auf, sagen wir, Experimentalkatalonien. Es ist dann so, als wechsle ein normaler Mensch über Nacht bewegungsmäßig zwischen Yoga und Boxen. Sport, Wettbewerb, Win-Win-Situationen, so etwas mag Mateschitz: professionell ausgeführte Gleichungen mit Unbekanntem.

Er ist gerne Gast bei sich selbst, so viel weiß man, zumal sein Blick nebenbei auch immer auf das Privatmuseum mit angeschlossenem Café (Carpe diem) und unter der Decke frei schwebender Bar (Threesixty) fallen kann. Im Hangar 8 vis-a-vis hat Mateschitz seine historische Flugzeugsammlung mit Lockheed, Fairchild und Alphajet untergebracht. Im Hangar 7 stauen sich - zwischen Ölgemälden - die Boliden. Von außen schaut der ganze Komplex absichtlich aus wie ein Konzertflügel.