In Griechenland bekommen die zweit- und die drittstärkste Kraft die Chance zur Bildung einer Regierungskoalition. Auch die Syriza-Rebellen sehen ihre Chance gekommen.

Athen - Der Chef der abtrünnigen Linksabgeordneten der Syriza-Partei, Panagiotis Lafazanis, will das Sondierungsmandat zur Bildung einer Regierung in Griechenland nutzen. „Natürlich werde ich es nutzen“, sagte er Reportern am Samstag im griechischen Parlament. Regierungschef Alexis Tsipras hatte am Donnerstagabend seinen Rücktritt erklärt. Der linke Flügel seiner Regierungspartei spaltete sich am Freitag ab und bildete unter dem Namen Volkseinheit (LAE) eine eigene Parlamentsgruppe aus 25 Abgeordneten.

 

Lafazanis Scheitern ist eingeplant

Laut Verfassung bekommen nacheinander Vertreter der zweit- und drittstärksten Kraft im Parlament den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierungskoalition. Bis Montag hat zunächst der Vorsitzende der konservativen Nea Dimokratia (ND), Evangelos Meimarakis, dieses Sondierungsmandat. Schafft er es nicht, würde als nächster Lafazanis als Anführer der neuen Linksbewegung den Auftrag bekommen. Im Parlament zeichnen sich allerdings derzeit keine erfolgversprechenden Konstellationen für die Bildung einer neuen Regierung ab.

Meimarakis traf sich mit den Vorsitzenden der Partei der politischen Mitte, To Potamis, und der Sozialisten. Konkrete Ergebnisse gab es nicht. Alle sahen in ihren Erklärungen Neuwahlen als unvermeidlich an. Am Abend wollte sich Meimarakis auch mit Lafazanis treffen.

Scheitert auch Lafazanis - wovon alle ausgehen -, wird Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos nach einem letzten Gespräch mit allen Parteivorsitzenden die von Tsipras geforderten vorgezogenen Wahlen ausrufen. Als wahrscheinliches Datum dafür gilt der 20. September.

Das Sondierungsverfahren könnte am Donnerstag zu Ende gehen, wenn die damit beauftragen Politiker jeweils die dafür vorgesehenen drei Tage ausschöpfen. Danach könnte schon am Freitag die von der Verfassung vorgesehene Interimsregierung die Führung des Landes übernehmen. Diese Übergangsregierung muss von einem der höchsten Richter des Landes geführt werden und ist bis zur Wahl eines neuen Kabinetts geschäftsführend im Amt. Laut Verfassung sind Neuwahlen frühestens 21 Tage nach Einsetzung der Interimsregierung möglich, spätestens nach 30 Tagen müssen sie abgehalten sein. Damit könnten die Neuwahlen wie von Tsipras gewünscht am 20. September stattfinden.