Die Erde wird immer heißer und das mit zunehmender Geschwindigkeit. Einen kleinen Lichtblick gibt es dennoch, wie eine neue Studie feststellt.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Die menschengemachte Erderwärmung nimmt einem Report zufolge so schnell zu wie nie seit Start der instrumentellen Aufzeichnungen. Allein im vergangenen Jahrzehnt (2014 bis 2023) sei die Temperatur durch Aktivitäten des Menschen um rund 0,26 Grad gestiegen, schreibt ein Team im Bericht „Indicators of Global Climate Chang“ (IGCC), der am Mittwoch (5. Juni) veröffentlicht worden ist.

 

Das sei ein Rekord bei der Aufzeichnung mit Messgeräten, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreiche, berichtet die internationale Gruppe um Piers Forster von der britischen Universität Leeds im Journal „Earth System Science Data“. Ein Jahrzehnt zuvor (2004 - 2013) waren es nach Angaben der Universität rund 0,20 Grad Erwärmung.

Dem neuen Bericht zufolge ist das im Pariser Weltklimaabkommen notierte 1,5-Grad-Limit so gut wie überschritten.

Treibhausgas-Ausstoß steigt weiter

Der Anstieg sei einerseits auf den hohen Treibhausgas-Ausstoß zurückzuführen. Im Schnitt habe der Mensch im vergangenen Jahrzehnt pro Jahr Treibhausgase mit der Klimawirkung von rund 53 Gigatonnen Kohlendioxid produziert.

Andererseits sei die Menge an kühlenden Aerosolen in der Atmosphäre gesunken. Beispielsweise war infolge einer neuen Verordnung für sauberere Schiffskraftstoffe der Gehalt an Sulfat-Aerosolen stark zurückgegangen.

Weil CO2 eine lange Lebensdauer hat, wird der schon jetzt eingetretene Temperaturanstieg noch Jahrzehnte anhalten.  Foto: Imago/Design Pics

2023 erwärmte sich die Erde um 1,31 Grad

Im Vergleich zum Zeitraum 1850 bis 1900 betrug die vom Menschen verursachte Erwärmung im Durchschnitt des vergangenen Jahrzehnts (2014–2023) 1,19 Grad. Ein Jahr zuvor (2013 bis 2022) lag der Jahrzehnt-Durchschnitt mit 1,14 Grad noch etwas niedriger.

Im einzelnen Jahr 2023 erreichte die allein durch menschliche Aktivitäten verursachte Erhöhung der Erdtemperatur den Berechnungen zufolge 1,31 Grad im Vergleich zu 1850 bis 1900. Das sei weniger als die gesamte Erwärmung desselben Jahres von 1,43 Grad, was darauf hindeute, dass auch natürliche Klimaschwankungen bei der Rekordtemperatur in dem Jahr eine Rolle gespielt haben, insbesondere das Klimaphänomen El Niño.

Ein philippinisches Kind läuft in der Provinz Cavite auf den Philippinen in einem ausgetrockneten Bewässerungskanal spazieren, der durch das Wetterphänomen El Niño ausgetrocknet ist. Foto: EPA/dpa/Francis R. Malasig

Kleiner Lichtblick: Anstieg der CO2-Emissionen verlangsamt sich

Dem Report zufolge darf der Mensch ungefähr nur noch 200 Milliarden Tonnen CO2 produzieren, bevor eine globale Erwärmung auf 1,5 Grad erreicht werde. Das entspreche etwa den aktuellen Emissionen von fünf Jahren. Allerdings ist die Spanne der Schätzung hoch und reicht von 100 bis 450 Milliarden Tonnen.

Kleiner Lichtblick: Es gebe Belege, „dass sich der Anstieg der CO2-Emissionen im vergangenen Jahrzehnt im Vergleich zu den 2000er-Jahren verlangsamt hat“, schreibt das Autorenteam aus Leeds Je nach gesellschaftlicher Entscheidung könnte das aktuelle Jahrzehnt eine Umkehr einiger Zahlen des Berichts bringen.

Vertrocknete Sonnenblumen stehen in der Sonne auf einem Feld. Die vom Menschen verursachte Erderwärmung erreichte nach einer am Donnerstag bei der UN-Klimakonferenz in Bonn vorgestellten Studie im Jahrzehnt von 2013 bis 2022 bereits ein Plus von 1,14 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau. Foto: dpa/Sven Hoppe

Globale Temperaturen: Immer schneller in die falsche Richtung

„Unsere Analyse zeigt, dass die vom Menschen verursachte globale Erwärmung im vergangenen Jahr weiter zugenommen hat, obwohl die Klimaschutzmaßnahmen den Anstieg der Treibhausgasemissionen verlangsamt haben“, erklärt Erstautor Forster dennoch. „Die globalen Temperaturen bewegen sich immer noch in die falsche Richtung und das schneller als je zuvor.“

William Lamb, Forscher am MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) in Berlin und Leitautor des Teils über Emissionen in der Studie, sagt: „Solange wir die Entwaldung und das Verfeuern von Kohle, Öl und Gas nicht drastisch reduzieren, sammeln sich die Treibhausgase weiterhin in der Atmosphäre an und verursachen Klimafolgen.“

Der Report IGCC wurde 2023 ins Leben gerufen. Die maßgebliche Quelle für wissenschaftliche Klima-Informationen sei zwar der Weltklimarat (IPCC), schreibt die Universität Leeds. Da dieser aber erst etwa 2027 eine größere Bewertung herausgeben möchte, entstehe eine Lücke, die der Report füllen solle. Diesmal sei er von einem 57-köpfigen Forschungsteam aus 42 Institutionen in 15 Ländern erstellt worden.