Wer heutzutage Notebooks und Smartphones klaut, sollte sich vorsehen. Denn die Technik erlaubt neue Ermittlungsmethoden. Manche Gadgets melden sich von alleine, berichtet der StZ-Kolumnist Peter Glaser.

Stuttgart - Im Februar 2013 wurde Michael Witonis aus Dover, einer Stadt 100 Kilometer nördlich von Boston, ein fast neues MacBook Air aus der Wohnung gestohlen, während er und seine Frau schliefen. Witonis zeigte den Diebstahl an. Im Juni erhielt er eine rätselhafte E-Mail von Apple, in der man ihm für einen Anruf beim technischen Kundendienst dankte. Rückfragen ergaben, dass jemand angerufen hatte, dessen Rechner die Seriennummer seines gestohlenen MacBooks hat. Im übrigen müsse sich die Strafverfolgungsbehörde mit Apple in Verbindung setzen, wenn er mehr wissen wolle. Für Witonis begann ein acht Monate langes Gezerre um diese Informationen.

 

Dann änderte Witonis seine Taktik und griff zu einer neuen Macht: den sozialen Medien. Er setzte einen Tweet über seine missliche Situation ab – direkt an Apple-Chef Tim Cook. Einen im Oktober, und dann noch einen Tweet im Februar 2014. Der zweite traf offenbar auf den Punkt. Innerhalb eines Tages rief jemand aus der Geschäftsführung von Apple an. Innerhalb von fünf Tagen bekam der zuständige Polizeibeamte alle gewünschten Informationen. Innerhalb von zwei Stunden hatte die Polizei den Dieb. Seinen Rechner hat Witonis zwar immer noch nicht zurück, denn er liegt als Beweisstück bei der Polizei, aber er ist froh, dass sich eine Lösung seines Problems abzeichnet. Und er sagt: „Ich hoffe, dass Apple Kunden künftig etwas zügiger unterstützt.“

In einem anderen Fall von Diebstahl half die Fahndung nach Aliens. Mit dem Projekt SETI@home soll eigentlich nach Signalen außerirdischer Intelligenzen gesucht werden. SETI – die Abkürzung steht für „Search for Extraterrestrial Intelligence“ – nutzt für die extrem aufwendige Suche nach Radiosignalen, die vielleicht von anderen Zivilisationen ausgesandt werden, Rechenzeit auf privaten Computern, die gerade nicht gebraucht werden. Die Software dazu verteilt das Space Sciences Laboratory der Universität Berkeley. Die teilnehmenden Rechner melden sich in Abständen automatisch bei dem SETI-Server an, wobei unter anderem die IP-Adressen erfasst und in einer Datenbank gespeichert werden, auf die alle Teilnehmer Zugriff haben. (Nicht jeder findet diese Art von Transparenz im Zeitalter von Vorratsdatenspeicherung und NSA-durchleuchteter Privatsphäre wünschenswert.)

Manchmal helfen auch Kontakte zu Gangs weiter

Auch der 43-jährige Programmierer James Melin hatte die SETI-Software auf seinen sieben Rechnern und auf dem Laptop seiner Frau, der Autorin Melinda Kimberly, installiert. Der wurde ihr aus der gemeinsamen Wohnung in Minneapolis gestohlen, und mit ihm Romanmanuskripte und Drehbücher, an denen sie arbeitete. Melin schaute in die SETI-Datenbank und sah, dass sich der Rechner innerhalb einer Woche dreimal eingeloggt hatte. Er gab die IP-Adressen an die Polizei weiter, die einen Gerichtsbeschluss erwirkte und die zu der IP-Adresse gehörige Anschrift ermittelte. Ein paar Tage später war der Laptop gefunden: Der Babysitter hatte ihn sich unter den Nagel gerissen. Alle wichtigen Daten waren noch da. Neu auf der Festplatte waren 20 Rap-Tracks mit fremdartigen Texten.

Und dann war da noch Herr Zou Bin. Ein Dieb aus der chinesischen Provinz Hunan, der während einer Busfahrt das iPhone des Mitreisenden Bin hatte mitgehen lassen, reagierte auf einen Aufruf des Bestohlenen und schickte ihm seine SIM-Card zurück – und elf handgeschriebene Seiten mit seinen Adressdaten. Mag sein, dass ihn zu der Anstrengung motiviert hat, dass der Herr Bin im Unterhaltungs- und Gastgewerbe tätig ist, in dem viele Kontakte zu Gangs haben. Sozusagen ein analoges soziales Netz.