Die frisch gewählten Senioren, die jetzt einen Sitz im Jugend- und Sozialausschuss des Backnanger Gemeinderats haben, erwarten mehr Gehör seitens der Stadt. Sie sagen: „Wir sind keine Ausführungsgehilfen.“

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Gestatten, Manfred Wörner, 72 Jahre alt, „nicht verwandt oder verschwägert mit dem gleichnamigen ehemaligen Nato-Generalsekretär“, sagt der rüstige Rentner und lächelt. Zusammen mit der pensionierten Gymnasiallehrerin Rosemarie Baur-Schwozer (64) vertritt der Mann mit dem bekannten Namen die Interessen der Backnanger Senioren. Die beiden sind kürzlich gewählt worden – als beratende Mitglieder des Jugend- und Sozialausschusses des Gemeinderats.

 

Nicht nur der Name dieses Gremiums passt dem Duo nicht. Wie, bitte schön, sollte man denn erkennen, dass es im Ausschuss auch um die Belange der älteren Menschen geht? Diese Frage stellt Baur-Schwozer. Mit solchen eher nebensächlichen Dingen befasst sich die Pädagogin, die seit 1989 in Backnang lebt, aber nicht länger. Zum Gespräch über die Ziele der frisch gekürten Seniorenvertreter haben die zwei neuen Ausschussmitglieder eine lange Themenliste mitgebracht. In den Stadtteilen sei es speziell für Senioren – aber längst nicht nur für diese – schwierig bis unmöglich, sich mit Lebensmitteln zu versorgen. Es gebe zwar einen neuen Abholservice, der Senioren gelegentlich in die Stadt fahre – immerhin, aber leider kaum noch Geschäfte. So ein Fahrdienst sei auch für die Kernstadt nötig, sagt Wörner. Wer im Bereich Plattenwald wohne, der habe auch weite Wege.

Rampen für Rollstuhlfahrer und elektrische Türöffner

Die Seniorenvertreter fordern mehr Rampen für Rollstuhlfahrer, elektrische Türöffner für alle öffentlichen Gebäude, farbliche Markierungen auf den Treppen für Menschen, die nicht mehr so gut sehen, und mehr Sitzbänke speziell auf steilen Straßen wie der Marktstraße. An viele Ampelanlagen seien die Grünlichtphasen viel zu kurz, sagt Baur-Schwozer. Sie würde gerne an vielen Orten in der Stadt Wasserspender aufstellen und an Treppen mehr Handläufe anbringen lassen. Sie will Vorträge organisieren, etwa über die Nutzung eines Rollators, über die Bedienung der Fahrkartenautomaten beim Bahnhof und über Smartphones speziell für Senioren.

Manfred Wörner sagt, ihm sei besonders wichtig, dass die Stadt mehr für den sozialen Wohnungsbau tue. In Backnang fehle nämlich bezahlbarer und zugleich barrierefreier Wohnraum. Die Seniorenvertreter sagen, sie erwarteten mehr Gehör seitens der Verwaltung zu finden. „Wir müssen in die Planungen besser involviert werden“, so Wörner. Das funktioniere aber nicht.

Wahlunterlagen zu spät verschickt

Um bauliche Missstände aufzuspüren, würde Baur-Schwozer gerne mit anderen rüstigen Rentnern auf die Pirsch gehen und herausfinden: Wo drückt der Schuh? Alle interessierten Backnanger seien zu einer Veranstaltung am Freitagabend eingeladen, bei der es auch um dieses Projekt gehen soll. Wenn sich genügend Männer und Frauen finden, dann sollen möglichst viele Ecken in der Stadt begutachtet werden. Wo ist es nachts zu dunkel? An welchen Straßen fehlen Überwege für Fußgänger?

Baur-Schwozer sagt, sie wolle sich in den nächsten zwei Jahren, für diese Zeit ist das Duo gewählt, regelmäßig zu Wort melden. „Wir sind kritische Partner der Stadtverwaltung, keine Ausführungsgehilfen.“ Bei der Wahl der Seniorenvertreter, sagt sie, sei offenkundig einiges schiefgelaufen, denn nur knapp eineinhalb Prozent der rund 10 000 Wahlberechtigten hätten ihre Stimme abgegeben. Die Wahlunterlagen seien viel zu spät verschickt worden.

Die Seniorenvertreter laden ein zu einem Treffen mit allen interessierten älteren Bürgern der Stadt. Die Veranstaltung am Freitag, 2. Juni, beginnt um 18 Uhr im Seniorenbüro Backnang in der Straße Im Biegel 13.