Im Juli spielen die Country-Rocker The Bosshoss in Winterbach. Der Co-Frontmann Sascha Vollmer alias „Hoss Power“ spricht von seinen schwäbischen Wurzeln und seinen Top-Momenten in 20 Jahren Bandgeschichte.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Die Werbeplakate hängen, manche Konzerte sind schon ausverkauft: Das Winterbacher Zeltspektakel kommt immer näher. Auf der Liste der Künstler stehen auch die Country-Rocker von The Bosshoss. Wir konnten einen der beiden Frontmänner, Sascha Vollmer alias „Hoss Power“, zu seiner Verbindung mit Baden-Württemberg befragen – und dazu, was Organisatoren wie die Kulturinitiative Rock tun müssen, um das Rockstarleben angenehm zu machen.

 

Sascha, was erwartet die Besucher am 24. Juli beim Zeltspektakel Winterbach?

Es ist unsere Jubiläums-Tour, 20 Jahre Bosshoss. Das heißt, wir präsentieren kein neues Album oder neuen Song, sondern haben das große Vergnügen, aus unserem Pool zu fischen und aus den letzten zehn Alben eine Mega-Setliste zusammenzustellen – aus den Songs, die erfahrungsgemäß live am besten funktionieren. Alle Hits sind dabei, egal von welchem Album, und dementsprechend werden wir das Beste aus zwei Jahrzehnten auf die Bühne bringen.

Viele Bands haben Rituale, um sich vor einem Auftritt in Stimmung zu bringen. Wie läuft das bei euch ab?

Zur Vorbereitung proben wir natürlich die Setliste, wir haben ja unser Studio und unseren Proberaum. Wenn wir dann vor Ort sind, haben wir auch ein Ritual: Seit über 20 Jahren läuft vor jedem Auftritt, egal wie klein der damals war, ein Song von der Band The Sonics – er heißt Bosshoss, nach dem haben wir uns benannt. Wenn der läuft, formieren wir uns hinter der Bühne, umarmen uns, wünschen uns eine gute Show, klopfen uns auf die Schultern und trinken einen Schnaps.

Rockstars gelten als anspruchsvoll. Was müssen Organisatoren wie die Kulturinitiative Rock beachten, um euch glücklich zu machen?

Wir haben eigentlich keine Macken oder Spleens, die komplett aus dem Ruder fallen. Vielleicht ein gutes Essen – darum mache ich mir im Ländle überhaupt keine Sorgen. Und der Schnaps, den wir vor unserer Show trinken, muss natürlich am Start sein, ist klar.

Apropos Ländle: Du stammst ursprünglich aus Heidenheim. Welchen Platz hat der Südwesten in deinem Herzen?

Ich war erst vor Kurzem am Wochenende dort, bei meinen Eltern. Ich bin stolzer Heidenheimer, spätestens seit der 1. FCH in die Bundesliga aufgestiegen ist (lacht). Ich lebe zwar seit mittlerweile 26 Jahren in Berlin, aber meine Heimat, das ist für mich immer noch Heidenheim.

Ihr seid bekennende Biertrinker, hattet sogar eine eigene Biermarke. Gibt es die Chance, dass ihr im Remstal auch einem hiesigen Viertele eine Chance gebt?

Stimmt, Bier trinken wir gerne und viel (lacht). Mit unserer Biermarke gab es logistische Probleme, deswegen suchen wir derzeit nach einer Brauerei, die ein Bosshoss-Bier durch die ganze Republik verschicken kann. Aber tatsächlich können wir mit Wein etwas anfangen, es gibt sogar Bosshoss-Weine – einen Weißwein, einen Rosé und einen Roten. Das sind zwar keine Württemberger, aber trotzdem guter Wein von einem Bio-Weingut in Südfranken.

Sehr ihr euch eher als eine Live- oder als eine Studioband?

Es ist beides wichtig. Wir haben unser eigenes Studio, ich bin ja auch der Produzent von der Truppe, und das macht mir Spaß. Aber ganz klar ist immer im Fokus, dass das, was man sich im Studio erarbeitet, auch live gemacht wird. Das geilste ist es schon, auf Tour zu gehen und live vor Publikum zu spielen. Da kann man nicht noch mal „Repeat“ drücken und noch einen Take machen. Live kann man auch die Setlist ein bisschen ändern – und wenn der Harpspieler gerade einen guten Run hat, bekommt er eben noch ein Solo. Dieses Spontane macht am meisten Spaß.

In das Zelt in Winterbach passen etwa 4000 Menschen. Was macht größeren Spaß – Konzerte in kleinen Clubs oder solche in großen Stadien?

Ach du, beides ist super. Natürlich ist es ein Mega-Anblick, wenn man vor 80 000 Leuten bei Rock am Ring steht, in Wacken oder beim Download-Festival. Aber auch so eine Clubtour durch England, wo vielleicht 200 Leute da sind und der Schweiß von der Decke tropft, ist geil. Wenn alle steil gehen und eine gute Zeit haben, dann ist es völlig egal, wie groß der Laden ist. Oder eben das Zelt.

Was war deine größte Erkenntnis in den zwei Jahrzehnten Bandgeschichte?

Oh, das ist eine gute Frage. Vielleicht, dass nichts selbstverständlich ist. Natürlich gehört eine ordentliche Portion Glück dazu, man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Aber auch dann ist nichts ein Selbstläufer, von alleine passiert nichts. Man muss schon ackern und arbeiten – wobei das jetzt blöd klingt. Klar, wir alle leben davon, trotzdem würde ich das nicht als Arbeit bezeichnen. Daher habe ich auch eine große Ehrfurcht und bin voller Dankbarkeit, dass wir unseren Traum leben können.

Gab es in den 20 Jahren für dich einen absoluten Topmoment?

Davon gab es einige. Zum Beispiel, als wir zum ersten Mal in Berlin vor 4000 Leuten gespielt haben. Das war echt der Kracher, der absolute Dream come true. Oder als wir uns zum ersten Mal im Radio gehört haben. Wir waren gerade auf der Autobahn unterwegs. Und dann läuft da auf einmal Bosshoss! Da haben wir direkt an der nächsten Tanke gestoppt und ein Bier geholt, zum Anstoßen. Im Ausland zu spielen, war auch grandios. Wir haben Touren durch Kanada gemacht, durch Texas, Australien oder England, als Vorprogramm von Motörhead. Aber das vielleicht größte Highlight ist, dass wir das so lange machen dürfen. Zumal wir ja auch noch als Clique und Gang unterwegs sind und regelmäßig Alben raushauen.

Als Frontleute stehen Alec Völkel und du eher im Rampenlicht als die übrigen fünf Bandmitglieder. Führt das nicht zu Spannungen?

Nein, das ist alles cool. Natürlich hatten die Jungs 2010 ein bisschen Angst, als wir da alleine im Fernsehen waren, ohne sie im Rücken. Aber wir haben von vornherein gesagt, dass wir das in erster Linie machen, um die Band zu promoten, sprich uns alle. Mittlerweile sind die froh, wenn Alec und ich auf Promo-Tour gehen und sie eigentlich nur noch in den Tourbus steigen müssen. Außerdem sind wir schon so lange befreundet, dass man über alles reden kann. Wenn einer was hat, redet man drüber und klärt es.

Die „Thanx“-Gitarre ist eines der Markenzeichen von „Hoss Power“. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Gibt es etwas, das ihr als Band auf jeden Fall noch erreichen wollt?

Eigentlich nicht. Wir haben gefühlt schon die oberste Sprosse auf der Leiter erwischt und fühlen uns da sauwohl. Wir wären einfach nur dankbar, wenn es so bleibt. Wir brauchen nicht noch ein Superlativ, das wir erreichen wollen, eine Karriere in den USA oder so etwas. Schließlich haben wir unsere Familien, sind ausgelastet und total happy.

Ihr seid unter anderem mit Country-Coverversionen bekannt geworden. Ist etwas in der Art mal wieder geplant?

Noch nicht konkret. Das hat vor allem in der Anfangszeit aber schon großen Spaß gemacht. Nach zehn Jahren hatten wir noch einmal eine Art Doppelalbum herausgebracht – eine Platte mit Coversongs, die andere mit eigenen Songs. Wir sondieren gerade, ob wir jetzt nach 20 Jahren wieder so etwas raushauen sollen. Es muss aber nicht unbedingt ein Album sein, schließlich gibt es heutzutage auch andere Möglichkeiten, man darf also gespannt sein.

Einem breiteren Publikum seid ihr auch durch eure Fernsehauftritte bekannt geworden. Bekommt man euch dort mal wieder zu sehen?

Die Fernsehauftritte waren für uns echt wichtig, wir konnten uns dadurch verdoppeln. Aber wir müssen auch die Waage halten und die Band priorisieren, damit wir nicht irgendwann reine Fernsehnasen sind. Erst mal fokussieren wir uns auf die Tour und ein paar Recordings. In der anderen Richtung ist im Moment nichts geplant. Es kann aber schon sein, dass die uns irgendwann mal wieder anrufen und es heißt ja, never say never.

Singende Cowboys aus Deutschland

Band
 The Bosshoss sind eine siebenköpfige Band, die im Jahr 2004 gegründet wurde. Stilistisch kann man sie als Country-Rock einordnen, berühmt geworden sind The Bosshoss mit Coverversionen wie Outkasts „Hey Ya!“. Inzwischen stammen fast alle Songs aus der Feder von Sascha „Hoss Power“ Vollmer.

Multitalent
 Sascha Vollmer, Künstlername „Hoss Power“, wurde 1971 in Heidenheim an der Brenz geboren. Bei The Bosshoss spielt er Gitarre, singt, komponiert und produziert. Außerdem kann er Geige, Klavier und Bass spielen. Vollmer lebt mit seiner Frau und den beiden gemeinsamen Kindern in Berlin.

Konzert Im Rahmen des Winterbacher Zeltspektakels spielen The Bosshoss am Mittwoch, 24. Juli, im Remstal. Eintrittskarten kosten im Vorverkauf 69 Euro (für Sitzplätze) beziehungsweise 60 Euro (Steh- und Rollstuhlfahrerplätze). Das Konzert fängt um 20 Uhr an, der Einlass ins Zelt beginnt bereits um 18.30 Uhr.