Ein Österreicher wollte Hunderte Drogeriemärkte zu Nahversorgern mit Waren des täglichen Bedarfs umbauen. Auch deutsche Läden sollten wiedereröffnen, viele frühere Schlecker-Beschäftigte neue Arbeit finden. Nun müssen sie ihre Hoffnung begraben.

Stuttgart - Die Episode erinnert an einen schlechten Krimi: Der Österreicher Rudolf Haberleitner, Chef der von Insolvenz bedrohten Drogeriekette Dayli, fährt mit einer Million Euro in einem Koffer ins norditalienische Udine. Dort will er laut eigenen Angaben einen potenziellen Investor treffen, der mehr als 20 Millionen Euro in sein marodes Unternehmen stecken wolle. Mit dem Geld im Koffer soll der Deal finanziert werden. Doch der Geschäftspartner erweist sich als Betrüger, die Million ist weg und der Rettungsversuch missglückt. Zudem wird nun wegen Geldwäsche gegen Haberleitner ermittelt, der sich selbst zum wiederholten Mal einer Verleumdungskampagne der Medien ausgesetzt sieht.

 

Als diese Geschichte zu Beginn dieser Woche bekannt wird, ist auch dem größten Optimisten klar, dass es nicht gut um das Projekt „Dayli“ bestellt sein muss. Der 68-Jährige selbst ernannte Spezialist für Unternehmenssanierungen – dessen Expertise von Branchenkennern ernsthaft in Zweifel gezogen wurde – ist gescheitert. Die ehemalige Österreich-Tochter des Drogerieriesen Schlecker steht wieder vor dem Aus. Die seit der Übernahme vor knapp einem Jahr unter neuem Namen aktive Ladenkette hat am Landesgericht Linz einen Insolvenzantrag gestellt, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens am Donnerstag. Die Überschuldung wurde mit gut 49 Millionen Euro beziffert. Das Unternehmen soll nun unter dem neuen Eigentümer fortgeführt werden. Unmittelbar vor dem Antrag habe Haberleitner seine Anteile an die ICU Unternehmensberatung von Martin Zieger abgegeben, um eine Sanierung von Dayli zu ermöglichen, teilte das Unternehmen mit. Den Gläubigern werde eine Insolvenzquote von 25 Prozent angeboten.

Die Jobs von 4400 Beschäftigten in fünf Ländern sind bedroht

Wie viele der mehr als 3400 Mitarbeiter in Österreich ihren Job behalten, ist offen. Genauso unklar ist, wie es mit den gut 1000 Dayli-Beschäftigten in Italien, Polen, Belgien und Luxemburg weitergeht. „Das ist ein Jammer für die Betroffenen“, sagte Verdi-Handelsexperte Bernhard Franke der Stuttgarter Zeitung. Es sei zu befürchten, dass sämtliche Arbeitsplätze verloren gehen. Franke war im vergangenen Jahr Verhandlungsführer der Gewerkschaft während der Schlecker-Insolvenz in Deutschland. Zwar habe er dem Konzept des Österreichers grundsätzlich positiv gegenübergestanden, aber von vornherein nur wenig Hoffnung gehabt. Haberleitner habe „große Wellen“ gemacht, so Franke, doch bei Ankündigungen sei es geblieben.

In der Tat hätte eine mögliche Expansion von Dayli nach Deutschland, die mehrfach angekündigt, aber immer wieder verschoben wurde, ehemaligen Schlecker-Beschäftigten eine Perspektive geben können. Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz glaubt, dass viele noch immer arbeitslose Mitarbeiter in Deutschland auf Dayli gesetzt hätten. Auch das Konzept Haberleitners, das auf der Umgestaltung der Läden zu Nahversorgern mit einem breiten Angebot an Waren und Dienstleistungen basierte, sei der richtige Weg gewesen, sagte Geiwitz im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung. Er selbst habe dies in einem frühen Stadium des Insolvenzverfahrens für den deutschen Markt ins Auge gefasst und mit der Gewerkschaft diskutiert. „Als Drogerie hätte Schlecker niemals überleben können“, so Geiwitz. Doch für die nötigen Investitionen fehlten Haberleitner spätestens nach dem Ausstieg des Großinvestors Novomatic im Mai die finanziellen Mittel.

Schlecker-Österreich stand schon vor einem Jahr vor der Pleite

Nach Angaben des Insolvenzverwalters habe Schlecker-Österreich bereits vor Jahresfrist kurz vor der Pleite gestanden. Haberleitner war damals der einzige Interessent, der das Unternehmen außerhalb eines Insolvenzverfahrens sanieren wollte. Im Juli 2012 hatte er die Tochtergesellschaft der insolventen Ehinger Drogeriekette mit 1350 Filialen in fünf Ländern übernommen und angekündigt, bis zum Jahresende alle 885 österreichischen Schlecker-Läden zu Dayli-Shops mit Bistrotheken, Poststellen und erweitertem Sortiment auszubauen. Doch bis heute ist dies nur in wenigen Filialen geschehen. Stattdessen präsentieren sich die Läden in einem ähnlich schlechten Zustand wie viele deutsche Schlecker-Filialen kurz vor der Schließung.