Schmutzki im ausverkauften LKA Denkwürdiges Punkrock-Heimspiel

Weit über Tausend Leute wollen am Freitagabend im ausverkauften LKA/Longhorn Schmutzki sehen. Sie bekommen eine Punkrock-Show, wie sie direkter und knalliger nicht sein könnte.
Stuttgart - Bei einem Heimspiel gelten andere Regeln. Oder besser gesagt: Bei einem Heimspiel gelten gar keine Regeln, denn was Schmutzki am Freitagabend im proppenvollen und seit Monaten ausverkauften LKA/Longhorn entfesseln, ist ein hübsches Beispiel ungenierten Kontrollverlusts. Die Stimmung ist schon bei Hallenöffnung am Köcheln, der Wulle-Bus vor den Toren wird überrannt. Schmutzki haben gerufen – und es sind mehr gekommen, als es selbst die Band jemals für möglich gehalten hätte.
Bisher größte Headliner-Show
Schon bei Bike Age, der ersten Band des Abends, geht es rund. Klar, auch die kommen aus Stuttgart, auch die sind hier keine Unbekannten, doch dass sonniger, geradliniger Punkrock mit Kalifornien-Vibe derart gefeiert wird, lässt schon früh erahnen, was heute noch alles passieren wird. Und selbst der folgende Tim Vantol, immerhin „nur“ ein Holländer mit Lagerfeuergitarre, begeistert empfangen.
Dann übernehmen Schmutzki die aufgeheizte Halle – und zerlegen sie nach allen Regeln der Rock’n’Roll-Kunst. Es ist die bisher größte Headliner-Show, die die drei in Stuttgart spielen. Und es wird einer der feurigsten Abende in der bisherigen Geschichte der Band. Acht Jahre nach Bandgründung, sieben Jahre nach ihrem Gewinn des Bandwettbewerbs „Play Live“ und ein halbes Jahr nach ihrem Konzert mit den Toten Hosen auf dem Cannstatter Wasen sind Schmutzki zurück in der Stadt, in der alles begann.
Zwei Stunden Vollgas, zwei Stunden Eskalation
Und alle sind gekommen: Der Schmutzki-Mob taucht das LKA in ein Meer aus roten T-Shirts, die Großmutter von Bassist und Sänger Dany Horowitz sitzt oben im Backstage und wohnt das allererste Mal einer Schmutzki-Show bei. Dass sie noch mal mit donnernden „Oma! Oma! Oma!“-Rufen begrüßt werden würde, hätte sie sich sicherlich auch nicht gedacht. Der Rest ist schnell erzählt: Schmutzkis Musik spürt man eher im Bauch als im Kopf, die Songs sitzen, die Stimmung ist bedenklich gut. Als Sänger und Gitarrist Beat Schmutz irgendwann zu Ohren kommt, dass ihr Tontechniker ein Bier vertragen könnte, schnappt er sich eine Flasche und lässt sich vom Publikum auf Händen zum Mischpult tragen – Rückweg inklusive.
Zwei Stunden Vollgas, zwei Stunden Eskalation, zwei Stunden „Positive Brutality“, wie eines ihrer Stücke heißt. „Backstage“, „Spackos Forever“, „Mehr Rotz als Verstand“ oder das programmatische „Sauflied“: Es gab in Stuttgart noch keinen Abend in der Bandgeschichte, an dem ein derart großes Publikum gemeinsam mit der Band beschlossen hat, ohne Rücksicht auf Verluste auszurasten. Kein Wunder dass die Aftershow-Party im Goldmark‘s sehr, sehr lange ging.
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